Dorfschönheiten, Maine Coons und andere Lieblinge
Topsi und Jimmy
Seit ich mich erinnern kann, habe ich mein Leben mit Katzen geteilt. Zuerst waren es die schwarzweiße Topsi und der getigerte Haudegen Jimmy Jinkins. Topsi war eines Tages einfach da und saß im Garten. Jemand hatte sie ausgesetzt, und ich bettelte so lange, bis meine Eltern mir erlaubten, sie zu behalten. Jimmy war eins ihrer vielen Kinder und das einzige, das ich behalten durfte. Er war riesig, liebte seine Mutter heiß und innig und fing aufgrund eines traumatischen Erlebnisses mit meinem Goldhamster Maxim nie Mäuse. Abends traf er sich regelmäßig mit seinen Katerkumpanen und wurde von ihnen sogar an der Haustür abgeholt. Zwischen vier und fünf kehrte er heim und verbrachte den Rest der Nacht in meinem Bett. Bei jedem Wetter. Entsprechend sahen meine Laken aus. Besonders bei Regen. Ich fand es damals toll, dass er sich nur von mir anfassen ließ. Wenn ich morgens mit dem Rad zur Schule fuhr, mussten wir in einsperren, weil er mir sonst hinterher lief. Jimmy war mein erster „Seelenkater“. Als er eines Tages verschwand, war ich lange untröstlich. Da es kein schönes Foto von Topsi und Jimmy Jinkins gibt, hat meine Freundin Caroline Riedel mir die beiden für mein geplantes Katzenbuch gezeichnet. Genau so haben sie ausgesehen! Für kurze Zeit hatte ich auch Chris, ein ganz besonderes Katerchen und Tops-Kind, aber ich musste ihn dann doch wie alle anderen unserer vielen Kitten abgeben. Ausgerechnet vor Weihnachten, was den Abschied noch schlimmer machte.
Sam und Kitty
Als ich in Köln endlich meine erste eigene Wohnung fand, zogen gleich zwei winzige Kitten vom Niederrhein mit ein, der verfressene Sam und die eigenwillige Glückskatze Kitty. Sie halfen mir über sechzehn Jahre lang als treue Gefährten beim Leben, Lesen, Übersetzen und Schreiben und brachten mich durch ihre merkwürdigen Einfälle oft zum Lachen. Sam wog zehn Kilo und lag auch im heißesten Sommer auf meinem Schoß. Leider war er ein wahrer Seismograf für meine Stimmungen. Wenn ich Stress hatte, wurde er krank. Er war eindeutig hochsensibel. Er registrierte einfach ALLES. Und er bestand darauf, jede Nacht um viertel nach 4 gefüttert zu werden. Da ich in einem hellhörigen Mehrfamilienhaus wohnte, blieb mir nichts anderes übrig, als wie ein Zombie seinen Napf zu füllen und dann wieder zurück ins Bett zu wanken. Er konnte nämlich SEHR laut gegen die Wohnungstür trommeln und dabei durchdringend schreien. Seine Schwester Kitty saß jeden Morgen erwartungsvoll und zuverlässig auf meinem Schreibtisch und sorgte dafür, dass ich auch pünktlich zu arbeiten begann. Sie merkte immer, wenn der Computer gleich abstürzte, und warnte mich rechtzeitig. Ich weiß nicht, wie viele Bücher sie zusammen mit mir übersetzt hat – und dabei haben wir gemeinsam Schokolade gegessen. Nougat-Schokolade. Damals wußte man noch nicht, dass Schokolade für Katzen nicht gut ist. Kitty jedenfalls hat sie hervorragend vertragen und ist trotz ihrer Schokoladensucht 16 einhalb Jahre alt geworden. Ihr träger Bruder ruhte derweil bleischwer mitten in meinen Wörterbüchern (das hat mein Ben später auch mit Vorliebe gemacht). Damals gab es noch kein Internet, und ich musste ihn jedes Mal mit ziemlichem Kraftaufwand wieder herausheben. Nach Kittys Tod fiel ich in ein abgrundtiefes Seelenloch. Eigentlich wäre es genau der richtige Zeitpunkt gewesen, endlich mal einen längeren Urlaub zu machen, denn vor lauter Katzenliebe hielt ich es nie länger als eine Woche ohne meine Stubentiger aus, aber plötzlich ging gar nichts mehr. Ich konnte nicht glücklich sein so ganz ohne Katzen. Einen Monat nach Kittys Tod fand ich dann einen niedlichen roten kleinen Maine Coon Kater…und wurde maine-coon-süchtig.
Als Übersetzerin hatte ich mich (natürlich!) auf das Gebiet Katzen spezialisiert und dabei in jedem Buch über Rassekatzen wieder neu in die großen amerikanischen Waldkatzen verliebt, die ich bereits in den USA kennen gelernt hatte. An einem nebligen Abend in einem Garten in San Francisco. Ich dachte zunächst, es würde ein besonders anmutiger Hund auf mich zu schweben, und erkannte dann, dass es ein KATER mit ausgeprägten Luchsohren war. Er hieß George und konnte sogar Klavier spielen. Ich war auf der Stelle verzaubert. Maine Coons sind äußerst menschenbezogen und sprechen einen ganz besonderen kätzischen „Dialekt“, den ich inzwischen auch ein wenig beherrsche. Zur großen Verblüffung von fast allen Nicht-Maine Coons.
Ben, Cisco, Elaine und Alice
Nach Sam und Kittys Tod zogen nacheinander vier Maine Coon Babys bei uns ein. Der ungestüme rote Korsar Ben, der sich am liebsten kühn über den Rücken geworfen von mir durch Haus und Garten tragen ließ, so wunderbar „Tennis“ mit seinen Menschen spielte und am liebsten vor Publikum graziös wie eine Ballerina auf der Tür hin und her balancierte, der ruhige silberblaue Chefkater Cisco, der von allem geliebt und respektiert wurde und immer entspannt war, die exzentrische schöne Elaine, die sehr lieb, aber leider auch ziemlich verrückt war, aber deren Fell dafür niemals verfilzte, und die gutmütige sanfte Alice mit dem kürbisfarbenen Fleck auf der Stirn, die sich am Anfang als echte Ausbrecherkönigin herausstellte und im Garten sofort sämtliche Stellen fand, die wir bei der Katzensicherung übersehen hatten. Die vier haben mir viele Geschichten geschenkt und genau wie ihre Vorgänger Einzug in meine Erzählungen und Bücher gehalten. In dem Köln-Roman, der leider immer noch nicht erschienen ist, leben sie alle zusammen (sogar unter ihren richtigen Namen!) mit der Familie Baker am Brüsseler Platz.
Hathaway, Krispin und Stellaluna
Nachdem Alice, meine letzte Coon Katze, im Mai 2022 gestorben war – im stolzen Alter von 18 Jahren, spielte ich zunächst mit dem Gedanken, ganz ohne Katzen weiterzuleben, aber es ging einfach nicht. Und so machte ich mich auf die Suche, es sollten unbedingt wieder Maine Coons sein, und fand bald zwei Babykater, die genauso aussahen, wie ich sie mir schon immer gewünscht hatte. Stellaluna, ihre Schwester, kam ganz spontan einen Tag vor dem Abholen bei der Züchterin dazu. Ich habe meine Entscheidung bisher noch keine Sekunde bereut, auch wenn diese Maine Coons aufgrund ihrer Poly-Abstammung (Ihre Mama ist eine Poly, die drei allerdings nicht) so auf ihre Krallen spezialisiert sind, dass rein gar nichts vor ihnen sicher ist. Die echten Polys werden offenbar sehr zu Recht als Super Scratcher bezeichnet.
Und dann gibt es noch die vielen Katzen von Freunden und Verwandten, die ich im Lauf der Jahre kennenlernen durfte, zum Beispiel meine „Patenkinder“ Darling und Zaris, die Maine Coons meiner Schwester, die Britisch Kurzhaar Katzen unserer Verwandten und all die englischen Friedhofskatzen, denen ich im Laufe meines Lebens begegnet bin.