Viele Menschen haben im Moment existentielle und andere richtig schlimme Probleme, sind krank, fühlen sich einsam und verlassen, anderen fällt langsam die Decke auf den Kopf, sie haben Langeweile, sind genervt, haben Angst oder Anflüge von Hüttenkoller, wieder andere sind gereizt, gehen leicht in die Luft, regen sich über Klopapiermangel auf oder kommen nicht damit zurecht, dass sie plötzlich keine Zeit mehr für sich allein haben, sie vermissen ihre Arbeit oder ihre sozialen Kontakte. Oder geliebte Menschen, von denen sie nun getrennt bleiben müssen. Ablenkung tut gut in diesen Tagen!
Aber es gibt auch Menschen, denen die Zeit am Schreibtisch, am Küchentisch oder auch sonstwo in den eigenen vier Wänden weniger ausmacht. Ganz im Gegenteil, manche schaffen es sogar, sich fantasievoll mit der neuen Situation auseinanderzusetzen und erfolgreich zu „kreativieren“. Malend, zeichnend, fotografierend, bastelnd, singend, musizierend, schreibend gehen sie die düstere Weltlage an. Kunst und Fantasie können besonders in diesen Zeiten so tröstlich, beruhigend und heiter sein!
Als Schriftstellerin und Übersetzerin habe ich zum Glück kein Problem damit, „eingesperrt“ zu sein. Wenn man fast sein ganzes Leben allein am Schreibtisch zwischen Bücherstapeln und schlafenden Katzen in Wörterbüchern verbracht hat, macht einem auch ein wochenlanger Lockdown wenig aus. Ist doch eigentlich wie immer! Alles, was man braucht und mag, hat man ja! Wenn man arbeitet oder „kreativiert“, kann man abschalten, Ideen sammeln, sich treiben lassen und die Gedanken auf Reisen schicken.
Erst wenn man die Nachrichten hört oder aufsteht und nach draußen geht, merkt man wieder, dass unser Leben aus den Fugen geraten ist, dass die Straßen und Läden gähnend leer sind und die Menschen Masken tragen und einander aus dem Weg gehen. Dann kann es passieren, dass man traurig wird, Angst bekommt und fast den Mut verliert. Doch zurück in den eigenen vier Wänden legt man gleich los mit neuen Projekten. Über Instagram sehe ich die Früchte der „eingesperrten“ Fantasie und Kreativität in aller Welt und staune täglich aufs Neue.
In den nächsten Tagen möchte ich hier einige Menschen vorstellen, die sich nicht unterkriegen lassen und auch jetzt noch versuchen, Farbe und Freude in ihren und unseren trüben Corona-Alltag zu bringen.
Heute haben mir die „Steinfrauen“ der Gruppe „Niederrhein Rocks“ erlaubt, einige ihrer Werke zu zeigen. Zum Mutmachen und Trösten für alle Hüttenkollerigen: Schaut euch an, was man alles tun kann mit ganz wenigen Mitteln in Zeiten von Corona, und vielleicht macht das ja auch den Kindern Spaß!
„Steinsucht“ (auch bekannt unter dem Namen „American Rock Fever“) paßt gut in diese Zeit, denn sie ist ebenfalls ansteckend, aber im besten Sinne. Im Moment ist es vielleicht ratsam, die Steine nur für sich selbst oder für den eigenen Garten zu bemalen statt sie in freier Wildbahn „auszuwildern“ und finden zu lassen. Das mache ich übrigens schon seit langem. Meine Steine liegen alle draußen zwischen den Büschen oder draußen auf der Fensterbank, zuerst sind sie bunt und leuchtend, dann verlieren sie langsam ihre Farben, werden immer blasser, und schließlich sammele ich sie ein und bemale sie neu. Ich verwende Plaka Farbe und favorisiere als Stil das australische „Dot Painting“, aber feiner und subtiler geht es natürlich mit Acrylfarbe. Wenn meine Enkel Lust haben, malen wir auch gemeinsam. Bei Draußen-Steinen trägt man zum Schluss noch eine Schicht Bootslack oder Klarlack auf, damit sie nicht zu schnell ausbleichen.
Seit es im Fernsehen eine Sendung über die „Niederrhein Rocks“ gab, kommen täglich neue „Rocker“ und „Rockerinnen“ in die Gruppe, weil sie schnell merken, wie entspannend das Bemalen von Steinen ist. Probieren Sie es selbst, sicher sind Sie talentierter als Sie ahnen! Auch für Kinder ist es toll, wenn sie ihre schönen Steine auf der Fensterbank liegen sehen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Alles ist schön! Man kann sie auch einfach nur beschreiben mit mutmachenden Sätzen.
Meine Freundin Angelika bemalt schon seit einiger Zeit Steine in dieser Gruppe. Vor der Pandemie wurden alle Mini-Rocks liebevoll „ausgewildert“ und meist schnell begeistert gefunden, und sicher gibt es am Niederrhein inzwischen Leute, die gezielt beim Gassi gehen oder Spazieren danach Ausschau halten. Man kann die kleinen Fundstücke entweder behalten und als Dekogegenstand nutzen, an Freunde und Verwandte verschenken oder einfach wieder neu „auswildern“ und beobachten, wo sie irgendwann landen. Letzteres ist im Moment vielleicht nicht so gut, aber es gibt ja eine Zeit nach Corona, und dafür ist ein kleiner Steinvorrat ideal!
In diesen Tagen malen Angelika und viele andere „Danke-Steine“ für Verkäuferinnen und Kassiererinnen, für Krankenhauspersonal und für viele andere Menschen, die bei uns „den Laden am Laufen“ halten. Vor dem Verschenken werden die Mini-Rocks vorsorglich gereinigt und manchmal auch in Cellophan verpackt. Wenn man die Steine nach der Beschenkung noch mal mit Seife wäscht, sind sie garantiert ungefährlich und übertragen nur die Kreative Steinsucht. Bei den eigenen Steinen erübrigt sich diese Reinigungsprozedur natürlich. Übrigens habe ich noch nie gehört, dass Steine Viren übertragen und würde mir da keine Sorgen machen, aber egal. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Oder in diesem Fall der Steinsammlung. Ich jedenfalls finde all diese munteren Rocks wunderschön und bedaure, dass ich sie heute nicht alle zeigen kann. Aber dafür reicht der Platz leider nicht. Ich kann ja irgendwann einen weiteren Beitrag dazu schreiben, denn es kommt täglich Nachschub.
Folgendes steht in der Facebook-Info der „Niederrhein Rocks“ und gilt für Normalzeiten ohne „Sie wissen schon was“: „Mit dieser Gruppe möchte ich einem amerikanischen Trend folgen: Stein suchen, säubern, bemalen, rückseitig beschriften, auswildern und hoffen, dass ihn jemand findet, dem er eine riesige Freude bereitet. Und mit etwas Glück wird er von jemandem gefunden, der ihn hier postet.“
Einen schönen Abend
Ich, Benno Cygan, bin Hausmeister im Kloster Vinnenberg.
Am Dienstag dieser Woche fand ich beim Efeu beschneiden an einem Altar im Vorgarten einen bemalten Stein, mit Storchenmotiv.
Lustig, ich habe auch schon Steine mit einem Smily bemalt, als Schmeichelstein.
Der Stein muss schon ein Weilchen da gelegen haben, da noch auf Facebook verwiesen wird .
Liebe Grüße Benno
Lieber Benno,
danke für die schöne Steingeschichte. Das würde die Storchenmalerin (oder den Storchenmaler) sicher freuen.
Viele Grüße aus Köln!
Bee