Wie Stellaluna zu ihrem Namen kam

Stellaluna

Schon T.S. Eliot wußte, wie schwer es ist, den richtigen Namen für eine Katze zu finden, und hat darüber sogar ein Gedicht geschrieben („The Naming of Cats“), genial übersetzt von Erich Kästner („Wie heißen die Katzen“). Seiner Meinung nach hat jede Katze übrigens mindestens drei Namen, einen gewöhnlichen, einen besonderen und einen ganz geheimen, den sie nur selbst kennt. Ich glaube, Katzen haben noch viel mehr Namen….

Am einfachsten ist die Namensgebung natürlich, wenn man eine noch unbenannte (zugelaufene oder geschenkte) Katze vor sich hat, die sich ihren Namen selbst aussuchen darf. Oder einen Wurf, den man von Geburt an kennt und bei dem man die Kleinen vom Temperament her gut einschätzen kann, was heutzutage eher selten ist, es sei denn man ist Züchter. Aber Züchter sind bei Katzentaufen (vorsichtig ausgedrückt) sehr „speziell“.

Als ich Kind war, hat unsere Topsi viele Kitten bekommen, und ich saß stundenlang im Keller neben der Wurfkiste und überlegte mir, wie ich die Kleinen taufen sollte. Dasselbe galt für meine (sehr fruchtbaren) Kaninchen. Meine Fantasie war natürlich begrenzt, denn ich hatte damals noch nicht viel gelesen, aber es gab an jedem Kaninchenstall ein Diagramm mit Stammbaum. Fipsi, Molly, Mohrle, Schnucki und Möhrchen fallen mir spontan wieder ein, aber es waren auch kompliziertere indianisch klingende Namen wie Schwarzohr und Weißfüßchen darunter. Meine Goldhamster hießen Maxim (nach Maxim de Winter) und Knopfauge. Schon damals habe ich übrigens gern ausprobiert, auf welche Lautfolgen meine Kitten am besten reagierten.

Jimmy Jinkins  aus dem ersten Wurf war leider das einzige Kitten, das ich behalten durfte, alle anderen musste ich verschenken, und es waren im Laufe der Jahre sehr, sehr viele. Sie landeten bei Klassenkameradinnen oder Bauern in der Nähe und bekamen schnell neue Namen, meistens Susi, Mimi, Felix oder Miezi. Bei Jimmy kamen irgendwann ganz von selbst Jinkins und Jinx dazu, weil wir merkten, dass er sie mochte. Auf Jinkins hat er auch noch besser gehört. Als Freigänger war es wichtig, dass er zuverlässig angelaufen kam, wenn man nach ihm rief. Jinkins ließ sich einfach besser rufen.

Stellaluna Wäschekatze (BFL)

Topsi fand Kittetops am schönsten, wie wir bald feststellten. Bei Rassekatzen wie Maine Coons wird das Namensproblem dadurch erschwert, dass die meisten Züchter sich höchst eigenwillige Namen für ihre Katzenkinder ausdenken. Ich glaube nicht, dass sie ernsthaft erwarten, dass man die Katzen später so nennt (das tun sie meist selbst nicht), weil die Namen doch oft arg sperrig oder lang sind. Züchter orientieren sich nicht nur am Anfangsbuchstaben der jeweiligen Würfe (einige setzen sich darüber auch hinweg), sondern müssen notgedrungen auch möglichst seltene, exotische Namen finden, denn vielleicht wird aus dem Kitten ja mal eine berühmte Zuchtkatze, deren Namen später in unzähligen Stammbäumen auftauchen wird, und da ist ein wohlklingender oder eingängiger Name, der zum Namen der Cattery paßt, enorm wichtig. Gelegentlich wählen sie auch Namen aus bestimmten Themenbereichen (Getränke, Filmstars, Filmtitel, Buch- oder Filmhelden, Schriftsteller, Landschaften, Städtenamen, you name it). Sie geben sich bei der Suche eindeutig extrem viel Mühe, daher finde ich es unfair, ihre Namen komplett zu übergehen, selbst wenn sie zum Teil unaussprechlich sind und zur betreffenden Katze so gar nicht passen. Wenn man sein Kitten früh genug findet, lassen sie aber durchaus mit sich reden und setzen auch gern den „neuen“ Namen mit in den Stammbaum.

Als Schriftstellerin wähle ich die Namen der Figuren in meinen Büchern und die meiner Tiere mit Bedacht und Sorgfalt. Buchpersonen werden bei mir erst „real“, wenn ich ihren richtigen Namen gefunden habe. Dann macht es Klick, und die Person steht urplötzlich quicklebendig vor einem und beginnt zu reden und sich zu bewegen. Wenn man Glück hat, erzählt sie einem dann auch immer mehr von sich und wehrt sich mit Händen und Füßen, wenn man sie zu Dingen zwingen will, die ihr nicht behagen. Buchfiguren sind erst lebendig, wenn sie ihren eigenen Kopf  haben und selbst entscheiden. Für mich ist das eine der schönsten Erfahrungen überhaupt beim Schreiben.

Krispin (BFL)

Bei (Kurt) Krispin war ich mir ziemlich sicher, dass mein Vorschlag dem kleinen grünäugigen Kater mit dem lustigen Gesicht gefallen würde. Die meisten Katzen mögen Namen mit I und S und Krispin hat einen sehr ähnlichen Gesichtsausdruck (erstaunter, leicht konsternierter Eulenblick) wie mein silbergrauer Liebling Cisco, der seinen Namen total liebte. Sobald man ihn mehrfach hintereinander rief – mit etwas höherer Stimme als normal (macht man ja meistens, wenn man mit Katzen oder Kindern spricht), klang es fast wie ein Vogelruf (Kuckuck, Kuckuck!). Ich habe damit die Kinder auf dem benachbarten Schulhof öfters sehr verwirrt. „Hörst du das? Was ist das? Wie unheimlich! Meinst du, das ist ein MENSCH?“ Den Namen hatte man hervorragend im Garten rufen können, und Cisco kam jedesmal aus den Tiefen der Gebüsche und Beete eifrig angetrabt. Das wünsche ich mir auch für Krispin. Bisher waren die drei übrigens noch gar nicht draußen.

Crispinus ist ein lateinischer Vorname, der zurückgeht auf  das Adjektiv crispus, das gelockt, lockig bedeutet, was jetzt nicht so richtig zu meinem Krispin passt, weil er ja schließlich kein Devon Rex, sondern ein Maine Coon ist. Aber es gibt auch noch eine weitere Bedeutung, nämlich heiter, unbeschwert. Das wiederum passt sehr gut zu dem verschmitzten gutmütigen kleinen Kerl. Ich lag offenbar richtig mit meinem Taufnamen. Krispin (das erste I lang, das zweite kurz) hörte vom ersten Moment an bereitwillig auf seinen Namen. Zur engeren Auswahl standen bei ihm auch Siskin, Whisky, Christie und Frisbee. Inzwischen hört er auch sehr gut auf Crispy, Krispino (Betonung auf dem zweiten I), Krispinetto (Betonung auf dem E), Krispinello (Betonung auf dem E) und Krispelino (Betonung auf dem zweiten I). Übrigens kommt er auch sofort, wenn ich die anderen beiden rufe, aber nur weil er denkt, sie könnten ihm vielleicht was wegfressen. Er ist nämlich ein klein wenig (na ja, eigentlich sehr!)  futterneidisch.

Hathaway und Krispin (BFL)

Bei (Kingsley) Hathaway lag die Sache völlig anders, er reagierte überhaupt nicht auf den Namen. Null. Nada. Forget it. Ich verbrachte Stunden damit, ihm andere Namen vorzuschlagen, aber er reagierte auf keinen einzigen. Tagelang. Wochenlang. Unsere Enkel erkundigten sich schon: „Hört der immer noch nicht auf Hathaway?“ Nein. Er hörte nicht. Leider.

Er reagierte ohnehin nicht, wenn man ihn ansprach. Vielleicht war er schwerhörig oder gar taub? Er sitzt schließlich auch mit Vorliebe auf dem laufenden Staubsauger, was nun wirklich nicht sehr katzentypisch ist. Taub ist er nicht, aber so richtig gut hört er wohl auch nicht, denn er ist im Gegensatz zu allen Katzen, die ich je kannte, ungewöhnlich geräuschliebend und genießt leider alles, was ordentlich bis ohrenbetäubend Krach, Schepper, Klirr und Rumms macht (so ähnlich wie Karlsson vom Dach, aber so wollte er auch nicht heißen. Kann ich sogar verstehen). Inzwischen weiß ich aber, dass er kommt, wenn ich Hathy-Hathaway rufe (Hathy kurz, beim zweiten Wort erste Silbe betont und sämtliche Silben lang gezogen, ganz besonders die letzte).

Er hat auch einen zweiten Namen, auf den hört er zwar nicht immer, aber er passt wie Faust aufs Katzenauge.  Hideaway. Weil er sich extrem gut verstecken kann. Einige seiner geheimen Rückzugsorte habe ich bis heute nicht identifiziert. Hathaway verschwindet einfach spurlos und taucht dann aus dem Nichts wieder auf. Offenbar kann er apparieren wie die Hexen in Harry Potter. Ich hab mal zwei geschlagene Stunden nach ihm gesucht, da schlief er tief und fest bis zur Unkenntlichkeit zusammengerollt in einem Papierkorb. Da hatte ich natürlich nicht nachgeschaut. Jetzt ist er dazu zum Glück zu groß. Und noch einen dritten Namen hat er, auf den er sogar gelegentlich hört. Pranko. Wegen seiner geschickten, eisenharten, extrem destruktiven rechten Pfote – mit Krallen, vor denen einfach nichts sicher ist. Doch das ist eine andere Geschichte.

Hathaway (BFL)

Hathaway klingt einfach schön für meine Ohren. (Übersetzt heißt es „jemand, der an einem Heideweg oder in der Nähe einer Heide lebt“.) Anne Hathaway war die Frau von Shakespeare, es ist also eigentlich ein englischer Familienname, doch es gibt heute auch eine junge US-Schauspielerin und Oscarpreisträgerin, die so heißt (offenbar bewußt benannt nach Shakespeares Frau). Aber eigentlich hatte ich bei der Namensgebung vor allem den Sidekick von Inspector Lewis aus der Serie „Lewis“ im Kopf: Detective Inspector Sergeant James Hathaway. Sehr groß und schlank, nachdenklich, ernst, tiefgründig, dabei höchst ironisch, des Griechischen und Lateinischen mächtig, philosophisch, hochgebildet und ein eher ruhiger Vertreter und Eigenbrötler. Mit Züchternamen heißt mein Hathy übrigens „Kings Man Group“, aber Heike ließ sich netterweise dazu überreden, das im Stammbaum in Kingsley Hathaway zu ändern.

Unsere Tochter vermutete zunächst, dass Hathaway seinen Namen vielleicht ablehnte, weil der Schauspieler, der den Sergeanten darstellt, wirklich kein besonders sympathischer Zeitgenosse ist. Daran hatte ich dummerweise nicht gedacht und war darob gelinde gesagt ziemlich entsetzt, denn mein Vorbild war einzig und allein die Filmfigur. Philosophisch im kätzischen Sinne, intelligent und ein bisschen eigen ist mein Hathaway tatsächlich. Außerdem ist er schon jetzt auffallend lang und groß. Ich finde immer noch, dass der Name perfekt zu ihm passt.

In der engeren Auswahl waren bei ihm zunächst auch noch Monterey, Caraway, Faraday, Mandalay, Holiday, Beaujolais, Galloway, Yesterday, Mackeray, Shintoplay, Orlando und Sparrow. Sowie Faversham, Nevada, Washington, Brownie, Beamish, Colorado, Harper und Clover. Ich habe sie und noch etliche andere Namen stundenlang geduldig an ihm ausprobiert (bis zur Heiserkeit!), aber er wollte keinen einzigen davon. Bloß bei Sparrow spitzte er kurz die Ohren, aber auch hier ist der Schauspieler, der den Jack Sparrow darstellt, inzwischen ein echtes Problem. Irgendwann gab Hathy dann auf und akzeptierte den Namen. Zur Not berufe ich mich einfach nur auf Shakespeares Frau und schlabbere den Sergeanten, wenn mich jemand fragt. „Wie bist du denn auf den komischen Namen gekommen?“ Das haben mich tatsächlich schon einige Leute gefragt.

Stellaluna (BFL)

Blieb nur noch das silberrote Mädchen mit dem Künstlernamen Kallista Kabarett, der eigentlich gut passt, weil sie geschickt wie eine Zirkusakrobatin ist und zudem auch sehr lustig sein kann, aber leider klingt Kallista ähnlich wie Krispin und auch ein klein bisschen hart für meine sensiblen Ohren. Da ich die Kleine erst so spät auserwählt hatte, steht auch nur Kallista Kabarett im Stammbaum, aber braucht man als „Liebhaber“ überhaupt einen Stammbaum? (Das Studieren von Stammbäumen kann übrigens wirklich hochinteressant sein, aber davon ein andermal mehr.)

Zum Glück hatte ich in meinen schlaflosen Nächten für alle Fälle auch noch eine Liste mit Mädchennamen gemacht, vor allem in der Nacht vor der Abholung, als ich genau wußte, wenn ich zu benennen hatte. So ein helles Mädchen brauchte einen hellen Namen. Irgendetwas Leichtes, Elfenhaftes vielleicht? Ein Name mit L paßte sicher gut. Zum Beispiel Lametta, Lucinda, Lunabelle, Lumina, Lollipop, Loretta, Lantana oder Luna? Als die Kleine endlich hier war und nach Herzenslust gegessen und getrunken hatte, fing ich an, ihr meine (ziemlich lange und A-lastige) Liste vorzulesen.

Und dann geschah etwas Wunderbares: Sie suchte sich tatsächlich selbst ihren Namen aus und hört darauf absolut zuverlässig. Immer. Von Anfang an. Meistens gurrt oder zirpt sie sofort, wenn sie ihn hört. Sie redet eh gern und viel. Vor allem aber kommt sie sofort und springt einem auf den Schoß oder auf die Schulter.

Es war eine lange Liste. Hier ein Auszug: Ella, Cara, Tara, Lana, Fara, Sara, Lara, Amanda, Marmalade, Mandarina, Lada, Alba, Flora, Luna (hier maunzte sie und spitzte die Ohren), Ava, Mila, Alma, Hazel, Mela, Mala, Morgana, Galyna, Mokka, Creamy, Rosmerta, Akimba, Stella (hier gurrte sie, legte den Kopf schräg und kam einen Schritt auf mich zu). Ich probierte spontan die Kombination Stellaluna (mit langem, hohem U), und schon flog sie mir begeistert gurrend an den Hals, legte beide Ärmchen um meinen Nacken und „küsste“ mich auf den Mund. Wenn das nur immer so einfach wäre! Es war wirklich eine gute Wahl.

Stella ist das lateinische Wort für Stern, was hervorragend paßt, denn Callisto ist ja das Sternbild der großen Bärin. Und Luna ist das lateinische Wort für Mond. Zwar kein Stern, sondern ein Satellit, aber immerhin auch am Himmel. Perfekt. Ich habe ein schönes Bilderbuch, das Stellaluna heißt und von einer Fledermaus handelt. Der Einband ist so wunderbar blau, dass ich ihn auf dem Bilderbuchregal stets on display habe. Ich fand den Namen schon immer schön, aber erst durch meine Katze ist mir aufgegangen, wie schön er ist.

Kleeblatt Stellaluna, Hathaway und Krispin (BFL)

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Endlich zu Hause

Krispin

An einem unangenehm heißen Tag Anfang Juli holten wir die Kätzchen in Hessen ab. Heikes Kittenpakete mit Futter und Spielzeug waren so üppig, dass mir die Worte fehlten und der Kofferraum nach dem Einladen bis oben hin voll war. Die Hinfahrt verlief reibungslos (wir waren viel zu früh da), doch die Rückfahrt wurde ein Alptraum. Es fing schon in Niederselters und Bad Camberg an, überall gab es merkwürdige Umleitungen wegen irgendeines tausendjährigen Ortsjubiläums,  die das Navi offensichtlich wetterbedingt (oder grundsätzlich) nicht zu bewältigen vermochte. Die verwirrende Kurverei nahm einfach kein Ende, es war ein ziemliches Problem, überhaupt auf die Autobahn zu kommen. Zweimal hielten wir an und fragten nach dem Weg. Der zweite Mensch wußte ihn zum Glück.

Kitty Kitten

Die drei Kitten im Kennel auf dem Rücksitz gaben keinen Laut von sich. Sie jammerten nicht mal leise, was schon irgendwie unheimlich war. Aber Coone sind ja selten laut, wenn man sie transportiert, was ich nach zwei ohrenbetäubenden Sirenen (Sam und Kitty), die dabei auch noch sabberten wie die Weltmeister und mit aller Macht versuchten, unter Einsatz ihres Lebens aus dem Transportkorb auszubrechen, sehr zu schätzen weiß. Sam und Kitty waren gebürtige Dorfkatzen, hatten eine halbwilde Mutter (Vater unbekannt, aber ebenfalls Freigänger), was ihr Leben als Wohnungskatze genetisch etwas erschwerte, obwohl ich sie bereits mit sieben (!!!) Wochen bekam, so dass sie viel Zeit zur Eingewöhnung hatten. Sie brüllten im Auto und in ihrem Weidenkorb wie am Spieß, sprudelten beim Tierarzt wie Springbrunnen, und Sam verlor dabei regelmäßig vor  Stress auch noch büschelweise Fell, das am Ende den Behandlungstisch zierte. Nach einer harmlosen Impfung waren sämtliche Menschen im Raum in Schweiß gebadet und voll Sabber und Kater und Katze reif für eine therapeutische Krisenintervention. Es war echt stressig.

Sam Kitten

Einmal musste ich Sam notgedrungen im Taxi transportieren lassen, was sogar den erfahrenen Kölschen Fahrer, der sicher schon so gut wie alles in seinem Fahrzeug erlebt hatte, in Unruhe versetzte.  „Vielleicht weiß der arme Kerl ja, was ihm blüht“, meinte er mitleidig. Der arme Kerl war auf dem Weg zur Kastration. Aber das wußte er bestimmt nicht. Er tobte immer so, wenn er im Korb saß. Auf der Rückfahrt war der arme Kerl still, was an der Narkose lag, die damals noch stundenlang wirkte. Sam und Kitty konnte man leider auch nachts nicht ins Schlafzimmer lassen, weil sie nachtaktiv und unermüdlich auf und unter dem Bett zugange waren. These cats were made for walking. Außerdem MUSSTE Sam um vier Uhr dreißig (nachts!) gefüttert werden, sonst brach er die Bude ab. Dreizehn lange Jahre lang. Ich erledigte das irgendwann wie ein Dosenöffner-Zombie. Auch im Dunkeln. Die Tür zum Schlafzimmer schloß ich stets von innen ab, denn die kluge Kitty wußte genau, wofür Klinken gut waren. Die Wohnungstür war ihr Spezialgebiet und somit ein Riesenschwachpunkt. Kitty hat sie mehrfach aufgefrickelt, und Sam raste dann sofort nach unten oder oben und vertilgte gnadenlos die geliebten Pflanzen unseres Hausmeisters. Besonders wenn sie in voller Blüte standen. Kitty blieb immer in der Wohnung. Doch das sind andere Geschichten. Über Sam könnte ich mehrere Bücher schreiben.

Cisco

Die vier Maine Coons, die nach den beiden Heulbojen einzogen, waren dagegen überaus kooperativ, ließen sich ergeben und stumm im Kennel transportieren und ergeben und stumm beim Tierarzt behandeln, standen morgens ergeben und stumm erst auf, wenn ihre Menschen sich auch erhoben. Egal wie spät. Sonntags auch gegen Mittag. Doch vielleicht hatten wir da auch nur sehr viel Glück, denn der Coon meiner Schwester läßt sie nachts grundsätzlich nicht schlafen, weil er unbedingt bespielt werden will. Meine vier Coone hatten übrigens trotz aller Ergebenheit ziemlichen Respekt vor Tierärzten, sie vokalisierten ihn nur nicht.

Als unsere Tierärztin mal zum Impfen kam, was sie netterweise gelegentlich tat, waren zwar alle vier Coone im Wohnzimmer, hatten sich aber so perfekt versteckt und erfolgreich geschrumpft, dass selbst ich sie erst nach längerer Suche hervorzerren konnte. Sogar Cisco, ein Riesenkater, mutierte in Tierarztnähe geschickt zu einem brettflachen winzigen Kitten, und der rote Ben faltete sich akrobatisch im Affenzahn in die abgelegenste Ecke. Das zweifelnde Gesicht unserer Tierärztin sehe ich noch genau vor mir. „Sind Sie sicher, dass hier vier große Katzen im Zimmer sind?“ Ja, war ich, ich hatte sie ja persönlich ins Zimmer geschleppt, aber sehen konnte ich sie auch nicht. Keine einzige. Zehn peinliche Minuten lang. Die Verstecke waren einfach zu genial.

Stellalunas erster Fensterblick

Ob die drei neuen Kitten wohl pflegeleicht sein würden? Im Moment waren sie jedenfalls äußerst brav und wirkten eher neugierig als verschreckt. Mit ihren großen runden Augen blickten die Katzenkinder eher erstaunt als ängstlich durch das weiße Kennelgitter in die fremde Welt. Es war ihr erster Ausflug überhaupt, und dann auch noch bei dieser Bullenhitze und einer so weiten Fahrt. Hoffentlich wurde ihnen nicht übel! Bestimmt war ihnen genauso heiß wie uns. Da wir wegen der Hitze die Klimaanlage laufen lassen mussten, paßte ich gut auf, dass sie nur ja keinen Zug abbekamen, und hielt dabei die meiste Zeit in verrenkter Stellung eine Hand vor ihr Gitter, damit sie sich nicht so allein fühlten. Ab und zu schnupperten und knabberten sie zart an meinen Fingern. Aber beruhigt war ich noch lange nicht. Mit gutem Grund.

Hathaway und Stellaluna

Nach einer halben Stunde fing das silberrote Mädchen an zu hecheln. Selbst mein Mann, der normalerweise kaum aus der Ruhe zu bringen ist, machte sich Sorgen. Von mir will ich gar nicht erst reden. Wir hatten beide Angst, dass die Kleine dehydrieren könnte. An der nächsten Raststätte holten wir eine Flasche Mineralwasser ohne Kohlensäure. „Aber nicht aus dem Kühlschrank!“ Was die Verkäuferin extrem erstaunte. „Warmes Wasser? Is‘ das jetzt Ihr Ernst? Sie wollen wirklich kein kaltes Wasser?“ Als ich ihr von den Kitten erzählte, wurde sie gleich sehr nett, denn sie hatte auch eine Katze. „Na dann viel Glück!“ meinte sie nur. An eine Pipette hatte ich bei den Reisevorbereitungen dummerweise nicht gedacht, also gab ich den Kitten das Wasser tröpfchenweise mit dem Zeigefinger. „Hoffentlich kriegen wir die lebendig nach Köln“, sagte mein Mann. Wenn wir doch bloß schon da wären!

Leider sollte es noch schlimmer kommen, denn auf der Autobahn gab es plötzlich gleich mehrere Vollsperrungen hintereinander. „Leben die Babys noch?“ fragte mein Mann in regelmäßigen Abständen, denn die Stille auf dem Rücksitz behagte ihm gar nicht. Ich verdrehte mir tausendmal den Hals. Drei kleine Köpfchen waren zu sehen, die Jungs schienen zu dösen, das Mädchen hechelte. Alle atmeten. Noch. Oh Gott. Zu heiß war es jetzt nicht mehr im Wagen, aber sie hatte sicher Stress oder vielleicht auch Angst. Möglicherweise war das Mädchen ja auch empfindlicher? Heller Typ und so? Waren die Jungs etwa ohnmächtig? So entspannt in einem fremden Wagen zu liegen war doch nicht normal!

Stellaluna

Die Rückfahrt dauerte doppelt so lange wie die Hinfahrt, und die Tatsache, dass Fahrer und Beifahrerin dringend eine Toilette benötigten, war nicht unbedingt stressreduzierend. Für den Fall, dass die Kitten mal mussten, hatte ich vorgesorgt und einen ordentlichen Vorrat an Lappen und Papiertüchern mitgenommen. Ein wenig Sorgen machte mir toilettenmäßig die Tatsache, dass die Kitten bei Heike nur ein „Murmelklo“ (kannte ich bis Heike auch nicht) kennengelernt hatten (sie hat es inzwischen entsorgt, sagt sie). Ob die Kitten wußten, wie man ein normales Katzenklo mit Klumpstreu benutzte? (Kein Grund zur Sorge. Sie kapierten es sofort und buddelten wie begeisterte Dackel.) Im Auto wurde es zunehmend stiller, denn inzwischen war auch den Menschen nicht mehr zum Reden zumute. Würde das denn nie aufhören mit den endlosen Autoschlangen? Entweder wir standen still oder kamen nur im Schritttempo vorwärts. Warum waren diese verdammten Autobahnen bloß alle gesperrt? Im Verkehrsfunk kam dazu kein Sterbenswörtchen. Befanden wir uns etwa in einer Parallelwelt?

Kurz vor Köln hatte der Spuk mit einem Mal ein Ende und wir gelangten unverhofft auf eine völlig leere große Straße, die wir trotz genauer Recherche auch im Nachhinein nicht identifizieren oder finden können. Vielleicht hatten ja die Katzengötter mein Flehen erhört und uns geholfen? Die geheimnisvolle Straße kam uns vor wie ein Wunder. Als wir endlich, endlich zu Hause ankamen, waren zum Glück alle drei Kitten noch am Leben und erholten sich sehr schnell, wie ich zu meiner Erleichterung feststellte.

nach dem Essen

Dass sie zu dritt waren, machte ihnen die Erkundung des fremden Hauses sichtlich leichter. Sie kletterten zusammen aus dem Kennel, marschierten gemeinsam zum Fressnapf, gruben gemeinsam im Sand und inspizierten gemeinsam das Wohnzimmer. Sie stiegen hintereinander in die diversen Häuser und Filzhöhlen, robbten unter die Möbel, unter denen noch Wollmäuse waren, und quetschten sich in alle Ecken, in denen ich die Spinnweben übersehen hatte. Die Küchentür hielt ich vorsichtshalber geschlossen, damit sie nicht mit zu vielen Räume auf einmal konfrontiert wurden. Nur nicht überfordern! Das einzige, was ihnen Angst machte, war unsere alte knarrende Treppe. So etwas kannten sie nicht, und die lauten Menschenschritte darauf waren bis heute das einzige Geräusch, das sie je dazu brachte, auf der Stelle das Weite zu suchen.

Nach ein paar Tagen hatten sie sich aber auch daran gewöhnt und behandelten unser Haus wie einen riesigen Katzenspielplatz. Besonders die Treppe! Jetzt hatte ich Angst, weil sie wie Akrobaten zwischen den Stäben hingen, tollkühn am Geländer baumelten oder wie elegante Seiltänzer darauf herumturnten (das machen sie leider immer noch äußerst gern). Nur gut, dass wir eine geschlossen Treppe haben. Dummerweise komplett aus Holz, was bei pfotenbetonten Katzen (aus einem Poly Wurf) eindeutig ein Nachteil ist, denn so signalisiert ihnen offenbar jeder Stab, dass sie einen eigens für Kitten installierten und präparierten Kratzpfosten vor sich haben, in den sie nach Herzenslust ihre nadelspitzen Nägel graben können. Das Geländer ist inzwischen von Narben übersäht und fühlt sich unter der Hand nicht mehr angenehm an. Damit hatte selbst ich bei all meiner Katzenerfahrung nicht gerechnet. Ich arbeite immer noch hart daran, den Coonkindern die Treppenkratzerei abzugewöhnen. Muss am Poly-Gen liegen. So angekratzt war unsere Hütte noch nie.

Hathaway und Stellaluna

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Aller guten Coone sind drei

Krispin

„Na, wie sieht es aus?“ fragte mein Mann, als ich aus dem Kittenzimmer wieder nach unten kam, wo er sich angeregt mit Heikes nettem Gatten über allerlei Hessisches unterhalten hatte, während ich oben mit Federangel und Bällchen zeitlos die Kitten bespielt hatte. „Du warst ja ziemlich lange oben.“ Echt? War mir gar nicht aufgefallen. „Und, was hast du entschieden?“ Drei Augenpaare starrten mich gespannt an, und ich fühlte mich irgendwie unbehaglich. „Es bleibt bei den Jungs!“, sagte ich. Und das meinte ich auch so. Zwei waren genug! Man wird ja schließlich nicht jünger. Wenn es noch einen Kater in dem Wurf gegeben hätte, wäre ich vielleicht schwach geworden. Katzen und Menschen in Heikes Wohnzimmer schauten immer noch prüfend. „Nur zwei!“ beharrte ich. „Hab ich doch gesagt.“ „Da bist du dir wirklich sicher?“, fragte mein Mann irgendwie ungläubig. Ja, war ich! Was sollte diese Fragerei? Ich bat Heike, mir die Jungs zu reservieren und schrieb ihr die Namen auf, die ich nach langem Nachdenken ausgesucht hatte: Krispin und Hathaway. Damit sie auch weiter einen K-Vornamen im Stammbaum hatten, kombinierten wir unsere Namen: Kurt Krispin und Kingsley Hathaway. Und dann fuhren wir wieder zurück nach Köln.

Es gibt etliche erstaunlich lange Namenslisten in meinem Handy, denn was Katzentaufen betrifft, bin ich mindestens so eigen wie ein Züchter. Mir ist allerdings am wichtigsten, dass die Namen auch zuverlässig rufbar sind und für meine Schriftstellerohren melodisch genug klingen. Dazu können sie ruhig etwas länger sein. Natürlich müssen sie am Ende vor allem den Katzen gefallen, aber das merkt man schnell. Katzen haben immer viele Namen, Kosenamen kommen im Laufe der Zeit ganz von selbst. Doch dazu muss die Katze natürlich erst mal eingezogen sein, aus der Ferne geht das nicht.

Hathaway

Hätte ich die Kitten gleich mitnehmen können, wäre es in der Tat bei den zwei Katern geblieben. Aber ich musste ja noch sooo lange warten, und da kommen einem dann doch immer wieder Zweifel. Vor allem nachts, wenn man nicht schlafen kann, was bei mir sehr oft der Fall war. Dann sah ich mich beglückt nebst Katzenrudel die Treppe hinunterlaufen oder umgeben von etlichen Samtpfoten (alle Maine Coons) am Schreibtisch sitzen und neue Bücher schreiben. Katzen sind die idealen Begleiter von Schriftstellern und Übersetzern, denn sie beruhigen und inspirieren gleichzeitig. Ich hatte seit Monaten eine Schreibblockade, was nicht nur an Covid lag, sondern auch daran lag, dass Alice so krank gewesen war und nicht mehr wie sonst entspannt neben dem Computer schnurrte.

Ach, Alice! Ein Katzenmädchen war ja vielleicht doch eine schöne Ergänzung zu den beiden Jungs? Auch wenn es noch so unvernünftig und natürlich auch bedeutend arbeitsaufwändiger war. Katzen sind ja so anders als Kater, und ich hatte bisher immer mit Pärchen zusammengelebt. Jetzt wurde mir allerdings schon mulmig, wenn ich nur an Rolligkeit und Kastration dachte. Bei Katzen ist das ja eine richtige Operation, bei Katern nur ein Klacks. Kater werden zudem auch nicht rollig. Und schließlich gibt es ziemlich viele zickige und schwierige Katzen (wenn man Pech hat), während Kater meist große Kinder bleiben, wie echte Kumpel miteinander rangeln und nichts als Unsinn im Kopf haben. Oder sind das nur meine Vorurteile?

Stellaluna

Wenn ich nun doch eine Katze nehmen würde, welche wäre es dann wohl? So imposant und löwenartig die feurige Karma auch war, sie erinnerte mich viel zu sehr an meinen roten Ben, und ich wollte ganz neu und ohne Erinnerungen anfangen. Am liebsten habe ich bunte Mädchen, aber die erinnern mich äußerst schmerzhaft an Kitty, Alice und Elaine. Davon gab es gleich zwei in dem Wurf und beide waren ein Traum. Aber Kyley, die ohnehin für die Zucht vorgesehen war, und auch Katjes waren Polys, und bei aller Schönheit war ich irgendwie noch nicht reif für Vielzeher.

Doch es gab ja noch ein Mädchen. Kallista war mir gleich am ersten Tag durch den ungewöhnlichen Ausdruck ihres Kittengesichts aufgefallen und erinnerte mich lebhaft an Tjorven, das stämmige kleine Mädchen aus Astrid Lindgrens „Ferien auf Saltkrokan“. Noch nie habe ich ein Kitten mit einer so merkwürdigen Mimik gesehen. Skeptisch, nachdenklich, eigenwillig und irgendwie schmollend. Aber silberrot und weiß? Ich wollte doch keine rote Katze mehr! Kallista war allerdings hell silberrot und weiß. Aber ich hatte doch noch nie eine so helle Katze! Wahrscheinlich bekam sie eine extrem sensible Haut und total empfindliche Augen? Man würde sicher jeden Krümel an ihrer Nase und in den Augenwinkeln sehen, genau wie damals bei Ben. Wie sahen silberrote Katzen mit Weiß überhaupt als erwachsene Tiere aus? Ich kannte keine einzige. Also begann ich, eifrig das Netz und sämtliche Ahnenreihen zu durchforsten. Die Bandbreite war gewaltig, von schmalen Köpfen mit langen spitzen Kaninchenohren über breite Brummschädel mit ballonartig aufgeblasenen Schnurrhaarkissen bis hin zu zierlichen, elfenhaft zarten und atemberaubend schönen Exemplaren. Ein ungewohnter Anblick, wenn man nur dunkle Katzen kennt. Ich legte mir eine kleine Bildersammlung zu, die ich jeden Tag ansah und erweiterte, und bemerkte, dass die Silberroten von Mal zu Mal schöner wurden. Es war offenbar reine Ansichtssache.

Stellaluna

„Wie findest du das ganz helle Kitten?“ fragte ich meinen Mann. „Du willst also doch noch eine!“ meinte er amüsiert. „Nein! Will ich nicht! Ich will nur wissen, ob dir so eine helle Katze gefällt.“ Er fand das Gesicht zwar irgendwie „apart“, tat sich aber wie erwartet mit der Farbe schwer. Außerdem hatte das Kind eine merkwürdige Augenfarbe. Ich hatte bisher nur grünäugige Katzen gehabt. „Ich halt mich da raus“, sagte er schließlich. „Aber wenn dein Herz so dran hängt, dann nimm sie doch!“ Seufz.

Die Kater waren inzwischen längst angezahlt und reserviert, so dass ich zumindest in dieser Hinsicht entspannt war. Zwei dunkle Kater und eine helle silberrote Kätzin waren doch eigentlich eine reizvolle Kombination. Aber nein, ich wollte nur zwei. Die ständige Zweifelei ging mir schwer auf den Senkel, und die Wochen zogen sich immer noch zäh und lang wie Kaugummi. Ich bat Heike, mir noch ein paar Portraits von Kallista zu schicken und sie bei den nächsten nächtlichen Videos bitte einfach mal zwischen die Kater zu setzen. Heike schickte und setzte, und ich sah mir das Katzenkind genau an. Für ein Mädchen war sie recht groß und kräftig und würde sich wohl auch gegen ihre Brüder behaupten können. Ich schwankte heftig. Dummerweise bis zum letzten Tag vor dem Abholen.

Stellaluna (H. Kreuzsaler)

Erst in allerletzter Minute kam ich auf die Idee, nach einer „Fügung“ zu suchen, um auch ganz sicher zu sein, die richtige Entscheidung zu treffen. Gab es irgendetwas, das dieses silberrote Katzenmädchen eindeutig als „meine“ Katze identifizierte? Irgendein Zeichen? Oh ja! Es gab! Es war mehr als offensichtlich und mir trotzdem die ganze Zeit nicht aufgefallen. Die Fügung war ihr Name.

Kallista! Callisto! Die große Bärin! Mein Krafttier! Mein zweiter Name ist Ursula (kleine Bärin), und die Bärin hatte für mich schon immer mystische Bedeutung. Ich habe während meiner Therapien Bilder gemalt, in denen ich auf dem Rücken der großen Bärin sitze, die mich trägt und beschützt. Die erste bekannte Göttin der Menschheit war die Bärengöttin. Ich habe hier im Blog sogar einen langen Eintrag zu den Bärenmädchen der Artemis geschrieben, und er schließt tatsächlich mit der Geschichte von Callisto, die von Jupiter als das Sternbild der großen Bärin an den Himmel versetzt wird.

Ich bereitete meinen Mann so schonend wie möglich auf das Silberchen vor, doch er meinte nur: „Das war mir schon die ganze Zeit klar.“ Mir blöderweise überhaupt nicht, sonst hätte ich mich nicht so gequält. Offenbar kennt er mich wirklich extrem gut. Ich war sehr erleichtert, aber da war ja auch noch Heike.

Stellaluna Schulterkatze (J. Leidel)

Am Vorabend der Abholung bat ich sie am Telefon, noch einen dritten Vertrag vorzubereiten, denn ich würde am liebsten auch noch Kallista mitnehmen. Heike wirkte total verblüfft und war kurzzeitig sogar sprachlos. „Jetzt doch drei? Bist du dir da wirklich ganz sicher?“ „Absolut! Alle drei!“ Kein Fitzelchen Zweifel. Ich hatte schließlich meine Fügung.

Ich habe meine „unvernünftige“  Entscheidung keine Sekunde lang bereut und finde es nur ärgerlich, dass ich nicht schon viel früher auf die Idee mit der Fügung gekommen bin, denn das hätte mir eine Menge Stress erspart. Außerdem hätte Heike dann auch schon meinen Namen mit in den Stammbaum eintragen lassen können. Oder aber auch nicht. Stellaluna hat sich ihren Namen nämlich tatsächlich höchstpersönlich ausgesucht, denn sie ist eine ganz besondere Katze und entscheidet am liebsten selbst. Alles. Doch das ist eine andere Geschichte.

Stellaluna ist ein heller, leuchtender, silberroter Sonnenstrahl mit goldenen Augen in unserem Leben und hat es sogar mühelos geschafft, meinen Mann um ihre weißen Pfötchen zu wickeln, was bisher noch keinem einzigen Tier gelungen ist. Die Jungs dösen gerade hier bei mir, während Stellaluna oben im Arbeitszimmer weilt und heftigst meinen Mann beschmust. Sie ist die emotionalste und spontanste Katze, die ich je getroffen habe. Reines Glück in Katzengestalt. Wenn nur ihre Krallen nicht so nadelspitz wären!

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Kittentreffen und Polys

Krispin und seine hübsche Schwester (H. Kreuzsaler)

Krispin und seine hübsche Schwester Kyley (H. Kreuzsaler)

Mein Mann reagierte erstaunlich gelassen, als ich ihm vorsichtig zu vermitteln versuchte, dass die Kitten, die ich mir ausgesucht hatte, dummerweise 150 km entfernt von uns lebten. Dass der Ort ausgerechnet in Hessen lag, fand er aber geradezu genial. Schließlich stammt er selbst aus Hessen. Auch wieder so eine Fügung! Also konnte ich in aller Ruhe weiter träumen und planen.

Ende Mai waren die Kitten endlich, endlich alt genug, um besucht werden zu können. Ich konnte es kaum erwarten, war aber an dem Tag  leider so aufgeregt, dass ich beim Kittentreffen in Niederselters vor lauter Begeisterung, Verlegenheit, Spielen und Streicheln das Fotografieren komplett vergaß. Daher gibt es von jenem denkwürdigen Nachmittag keine einzige gute Aufnahme. Ich hatte mir wieder mal viele Sorgen gemacht. Wie würden die fremden Katzen auf mich reagieren? Würde mich die Züchterin mögen, würde ich sie mögen? Würde sie mir ihre Tiere überhaupt anvertrauen wollen? Nein, ich war alles andere als entspannt. Dass es meinem Mann an dem Tag gesundheitlich nicht gut ging, machte alles noch komplizierter. Vor allem die Fahrt.

Baby Cisco

Bei meinen Kitten hatte ich bisher immer Glück gehabt. Mit der Züchterin meiner ersten drei Coone habe ich bis heute Kontakt, sie hat ihre „Kinder“ oft besucht und all die Jahre lang Anteil an ihrem Leben genommen. Ben war beim ersten Besuch gleich total zutraulich, Cisco, ein winziges pummeliges Pelzknäuel, schlief in meiner Hand ein, und Elaine hat mich tatsächlich persönlich ausgesucht. Sie lief gurrend auf mich zu und leckte mir zärtlich die Nase, als ich sie auf den Arm nahm. Unwiderstehlich.

Baby Alice Wonderland

Alice entdeckte ich „zufällig“ im Internet, als sie gerade vier Wochen alt war. Sie sah so bezaubernd aus mit dem roten Fleck auf ihrer Stirn und dem dicken Knubbbelkinn, dass ich sofort hin und weg war. Sie musste einfach meine vierte Katze werden! Selbst mein Mann wurde bei ihrem Anblick irgendwie schwach, obwohl er eigentlich wirklich keine vierte Katze wollte. „Also, wenn ich die Kleine so sehe, kann ich dich irgendwie verstehen….“ murmelte er, was mich dann veranlaßte, noch am selben Abend anzufragen, ob die Kleine noch zu haben war. Sie war – und sie wurde meine Seelenkatze.

Aber wie würde es jetzt mit Krispin und Hathaway werden?

Kittenbett (B. Felten-Leidel)

Die Fahrt dauerte eineinhalb Stunden und wir verfranzten uns ziemlich, weil ich dem Navi Falschinformationen (nächster Parkplatz) eingegeben hatte, und kamen erst weiter, als ich Heike anrief und mir den Weg beschreiben ließ. Im Haus fiel mir gleich auf, dass die erwachsenen Katzen, die sich drinnen und im Auslauf frei bewegten, sowohl miteinander als auch mit den beiden großen Hunden und mit ihren Menschen äußerst entspannt umgingen. Offenbar ließen sie sich auch durch fremde Besucher oder laute Geräusche nicht aus der Ruhe bringen. Nacheinander kamen sie selbstbewußt auf uns zu, um uns neugierig zu beschnuppern.

Mein Versuch, mich auf „Coonisch“ mit ihnen zu unterhalten, irritierte sie allerdings und bewirkte so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich mir erhofft hatte. Sie reagierten höchst konsterniert. (Huch, das komische Wesen radebrecht in unserer Sprache? Wie unheimlich! Ein Alien!). Auch Heike hörte meine kätzischen Lautäußerungen, dachte, eins ihrer Mädels hätte Probleme und wurde sichtlich unruhig. „Wer hat denn da grade gemaunzt?“ „Äh, das war nur ich“, gestand ich und hielt danach lieber den Mund, um keinen unnötig zu verwirren. Ich weiß ohnehin nicht, was ich sage, wenn ich Coonisch rede. Mit meinen eigenen Katzen kann ich mich problemlos unterhalten, sie verstehen mich immer und antworten auch. Aber sie sind ja auch meine Lehrer. Eine Britisch Kurzhaar ist allerdings schon mal entsetzt mit angstgeweiteten Augen und gesträubtem Fell vor mir geflohen, als ich sie freundlich auf Coonisch angegurrt habe. (Hilfe! Eine feindliche Spionin!) Komischerweise reagieren fremde Kater meistens heftiger als Katzen. Möglicherweise sage ich unbewußt katerfeindliche Dinge. Ich arbeite noch an mir.

Katjes (H. Kreuzsaler)

Katjes (H. Kreuzsaler)

Die sechs Kitten logierten oben im Babyzimmer und saßen und lagen eng um die Mama geschart auf einem großen blauen Bett. Ich war gespannt, wer als erstes mit mir Kontakt aufnehmen würde. Natürlich waren es nicht die Katerchen, sondern die roten Schwestern Karma und Kallista. Karma war offenbar eine richtige kleine Persönlichkeit, die äußerst geschickt und vorsichtig mit ihren großen Pfötchen zugreifen konnte.

Inzwischen wußte ich natürlich schon viel mehr über diesen Wurf, kannte die Farben und Eigenheiten der Kleinen, hatte mir die Stammbäume und Linien genau angesehen (tatsächlich bis zu den ersten Vorfahren) und die Bilder ihrer Ahnen gegoogelt. Bei Rassekatzen kann man das problemlos über die riesige Datenbank von Paw Peds und auch über die Suchfunktion im Internet. Viele Züchter behalten ihre Homepages auch noch, wenn sie nicht mehr aktiv sind, und haben dort Bilder ihrer Lieblinge und auch Texte über deren Eigenheiten.

Lenny (H. Kreuzsaler)

Lenny, der Vater der Kleinen, ein eindrucksvoller Kater, stammt aus St. Petersburg. Offenbar gibt es schon seit etlichen Jahren viele russische Linien in der Maine Coon-Zucht, was mir bisher völlig entgangen war. Sie werden sogar in die USA importiert, was irgendwie merkwürdig erscheint, wenn man bedenkt, dass es eine uramerikanische Rasse ist.

Als Übersetzerin war ich früher übrigens (sehr gern!) auf Bücher über Katzen und Katzenrassen spezialisiert. Die meisten anderen Übersetzer ließen davon lieber die Finger, weil man sich im Wirrwarr aus Farbschlägen und Standards leicht verirren kann und die Recherchen damals äußerst mühsam waren. Zudem verändern sich die Standards dauernd, es kommen immer neue Varianten und Farben hinzu, und die Standards sind auch nicht in den Zuchtverbänden aller Länder gleich. Mir hatte es immer Freude gemacht, die imposanten Bildbände mit den vielen tollen Katzenportraits zu übersetzen. Ich habe dabei viel gelernt, und immer waren es die Seiten mit den Maine Coons, die mich zum Träumen brachten. Eines Tages wollte ich auch so eine wunderschöne Riesenkatze haben….

Hathaway und Krispin (H. Kreuzsaler)

Krispin und Hathaway stammen aus einem sogenannten Poly-Wurf, in dem es sowohl drei Poly-Kinder als auch drei Nicht-Poly-Kinder gab. Polys sind Katzen mit Polydaktilie, also mehr Zehen als gewöhnlich (6 oder 7 statt 5 an den Vorderpfoten und/oder 5 oder 6 statt 4 an den Hinterpfoten). Das PP hinter den Namen der Mutter (PP: mehrzehig an allen Pfoten) war mir zunächst gar nicht aufgefallen, denn „zu meiner Zeit“ waren Poly Coons noch nicht anerkannt, was gerade bei den Maine Coons verwunderlich ist, denn Polydaktilie kommt bei dieser Rasse besonders häufig vor. Man nimmt an, dass ursprünglich bis zu 40 Prozent aller Maine Coons Polys waren. Etwa die Hälfte der über fünfzig Katzen Ernest Hemingways waren übrigens auch Polys, weshalb man sie auch manchmal als Hemingway-Katzen bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Spielart der Natur, die keine gesundheitlichen Nachteile mit sich bringt soweit man weiß und auch keine „Qualzucht“ ist. Ich mag mir allerdings nicht vorstellen, was meine drei mit noch mehr Zehen mit unseren Möbeln anfangen würden, denn sie kratzen wirklich an ALLEM. Polys haben angeblich oft einen schwereren Knochenbau als „normale“ Katzen und werden mitunter auch besonders groß. Möglicherweise gilt das sogar für ihre Geschwister, mein Hathaway ist jedenfalls auf dem besten Weg, ein Riesenkerl zu werden.

Poly-Mädchen Kyley (H. Kreuzsaler)

Tatsächlich war die erste amerikanische Katze, die ich je sah, eine Poly. An unsere denkwürdige Begegnung (in Oakland bei San Francisco) kann ich mich noch sehr gut erinnern, denn zunächst glaubte ich an eine Halluzination. Ich war todmüde mit heftigem Jetlag ins Bett gesunken und hatte geschlafen wie ein Stein. Irgendetwas weckte mich früh am Morgen und ich öffnete vorsichtig die Augen, weil ich das unangenehme Gefühl hatte, intensiv beobachtet zu werden. Wurde ich auch. Zwei grüne Augen starrten mich an. Sie gehörten einer sehr großen zotteligen schwarzen Katze mit Riesenpfoten, die irgendwie komisch aussahen. Sehr breit. Sehr groß. Sehr zehig. Irgendetwas stimmte nicht mit diesen Pfoten, also schloß ich schnell wieder die Augen. Das Katzentier war todsicher eine Ausgeburt meiner Phantasie. Ich blinzelte erneut. Das unheimliche Wesen hockte immer noch da, starrte mich immer noch unverwandt an, und die breiten Pfoten hatte es auch immer noch. Ich kniff die Augen so fest wie möglich zu, zählte bis zehn, blinzelte vorsichtig, und tatsächlich war der Katzenspuk verschwunden. Ich schilderte den anderen Hausbewohnern beim Frühstück meine Vision, aber die lachten nur. „That was Nancy. She’s a poly.“ Wie bitte? Was zum Teufel war eine Poly? „A cat with extra toes.“

Hathaway und Krispin (H. Kreuzsaler)

Krispin und Hathaway sind keine Polys. Die silberrote Stellaluna auch nicht. Ist vielleicht auch gut so. Nie im Leben wäre ich imstande, so viele Krallen zu kürzen. Ich schaff ja schon die Normalzehenzahl nicht! Außerdem finde ich den Anblick immer noch ungewohnt, aber das mag an der Geisterkatze Nancy liegen.

Polys gibt es bei vielen Katzenrassen (und auch bei anderen Tieren und sogar bei Menschen) und bei den Coons haben sie weltweit unzählige Fans, auch unter den Züchtern. Angeblich existieren über 20 verschiedene Spielarten von feliner Vielzehigkeit. Ich kenne nur Mitten Paw (die Pfoten sehen ähnlich aus wie die menschliche Hand, und die Katzen können damit hervorragend greifen und Dinge fangen und festhalten) und Patty Foot (die Pfoten sehen aus wie runde Schneeschuhe). Alle Maine Coons haben übrigens auffällige Fellbüschel zwischen den Zehen, möglicherweise als Schutz gegen Winterkälte. Ob viele Zehen einen besseren Halt auf Eis und Schnee bieten, vermag ich nicht zu sagen, aber da Maine Coons früher häufig als Schiffskatzen tätig waren und kühn die Meere durchsegelten, mag die Vielzehigkeit durchaus ihre Kletterkünste und Mausefängerkunst gesteigert haben. Gegen so viele Krallen kommt selbst eine fette Schiffsratte nicht an. Und die Schiffsbesatzung hielten diese Katzen für Glücksbringer.

An Poly Coons scheiden sich jedenfalls die Geister. Entweder man mag sie oder man mag sie nicht. Inzwischen werden sie von der amerikanischen TICA und auch von anderen wichtigen Verbänden anerkannt.

Übrigens muss ich gestehen, dass ich ganz kurz damit geliebäugelt habe, die hübsche kleine Katjes mit den vier Patty Feet hier einziehen zu lassen. Ihr Gesicht war einfach zu süß. Ich hatte sogar schon einen genialen Namen für sie: Pawlina. Aber das bleibt natürlich unter uns. Vor allem Stellaluna darf das nie erfahren!

Stellaluna aka Kallista und ihre Poly-Schwester Karma (H. Kreuzsaler)

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Krispin, Stellaluna und Hathaway

Kingsley Hathaway und Kurt Krispin (H. Kreuzsaler)

Es war Mai und Alice war nicht mehr bei mir. Ihr Platz in meinem Bett, auf der Couch und im blauen Sessel war verwaist. Sie fehlte mir so sehr, dass es nur noch weh tat. Überall im Haus und im Garten sah ich sie sitzen oder liegen. Doch sie war fort und würde nie wieder zurückkehren. Im Rewe schossen mir schon die Tränen in die Augen, wenn ich nur in die Nähe des Katzenfutters kam. Es war kaum auszuhalten. Den Kummer nach dem Tod eines geliebten Tieres, das einen viele Jahre lang durch die Höhen und Tiefen des Lebens und Alltags begleitet hat, kann man kaum beschreiben. Da ich mir ernsthaft vorgenommen hatte, nach Alice keine Katzen mehr zu haben, war der Verlust umso schmerzlicher. Alice war die letzte meiner vier Maine Coons gewesen, zwei Katzen, Alice und Elaine, und zwei Kater, Cisco und Ben.

Die Aussicht war düster. Ein Leben ohne Maine Coons! Ein Leben völlig ohne Katzen! Nach mehreren endlos langen durchweinten Tagen und Nächten sagte mein Mann schließlich: „Du brauchst dringend neue Katzen.“

Die Katzenmama mit ihren Babys (H. Kreuzsaler)

die Katzenmama mit ihren Babys (H. Kreuzsaler)

Ich kann nicht sagen, wie dankbar ich ihm für diesen Satz war. „Meinst du das wirklich ernst?“ Er nickte. „Absolut!“ Ich fiel ihm schluchzend um den Hals, aber diesmal waren auch Freudentränen dabei. Auf diese Wendung war ich so gar nicht gefaßt gewesen, aber ich nahm all meine Hoffnung zusammen und überlegte, wo ich mit meiner Suche wohl am besten anfangen konnte. Zwei Kater sollten es diesmal sein, wenn möglich Maine Coons und am liebsten Kitten, denn es gibt kaum etwas Schöneres, als quirlige verspielte Kitten aufwachsen zu sehen. „Wären zwei Kater okay für dich?“ fragte ich. „Du kannst auch drei nehmen“, sagte mein Mann.  Nein, zwei sollten diesmal genügen. Das hatte ich schon entschieden. Zwei waren praktischer und unkomplizierter. Zudem war der Preis für Maine Coons natürlich in all der Zeit ordentlich gestiegen, wie ich feststellte. Mehr als zwei konnte ich mir unmöglich leisten. Und für mehr als zwei brauchte man ja auch noch mehr Katzenklos und Futter. Und es dräute ja auch noch die neue Gebührenordnung für Tierärzte, die ich (zum Glück) noch nicht richtig einschätzen konnte. Nein, zwei waren genug. Mein Mann schien an meiner Entscheidung zu zweifeln. „Du hast freie Hand.“ „Nein. Nur zwei.“ Da war ich mir wirklich sicher. Absolut. Bin ja vernünftig.

Kurt Krispin (H. Kreuzsaler)

Da meine Züchterkontakte und einst recht guten Stammbaumkentnisse ungefähr zwanzig Jahre brach gelegen hatten, weil meine Coone ziemlich alt geworden waren und sämtliche mir damals bekannten Catterys nicht mehr existierten, hatte ich keine Ahnung, wo ich anfangen sollte mit der Kittensuche. Zum Glück fiel mir eine Katzenfreundin ein, die sich bestens auskennt. Sie antwortete mir auch gleich ganz lieb und nannte mir mehrere Anlaufstellen, allerdings alle nicht in meiner Nähe. Ich flehte sämtliche Katzengötter inständig um Hilfe an. Und tatsächlich waren sie mir gut gesonnen, denn meine Suche war bereits bei der ersten Cattery zu Ende, weil mir genau dasselbe passierte wie bei all meinen Katzen zuvor: Mich traf aufs Heftigste die Liebe auf den ersten Blick. Die niedlichen Katerchen, die da auf der Homepage mit staunenden Augen in die Welt sahen, waren haargenau die Kitten, die mir vorschwebten! Aber waren sie noch frei? Es war Mai, sie waren im April geboren und sechs Wochen alt. Waren sie möglicherweise schon anderen Katzenmenschen versprochen? Und selbst wenn sie noch frei waren, gab es da noch etwas. Es musste mindestens eine überzeugende „Fügung“ her, die mir eindeutig zeigte, dass es wirklich „meine Katzen“ waren und ich meinem Gefühl blind und ohne ausführlichen Blick in den Stammbaum vertrauen konnte.

In den meisten Catterys werden die Würfe in alphabetischer Reihenfolge benannt, und die Katerchen gehörten zum K-Wurf.

Kingsley Hathaway (H. Kreuzsaler)

Und da war sie auch schon, die erste Fügung! Alice stammte damals aus einem A-Wurf und hieß ursprünglich wie meine Mutter: Anni. Ihren „richtigen“ Namen, Alice Wonderland, habe dann ich ausgesucht. Der Tabby mit Weiß hieß tatsächlich Kurt. Genau wie mein Vater!

Zudem war der Wurf am 7. April geboren, an dem Tag hat eins unserer Enkelkinder Geburtstag. Ein Datum also, das man sich sogar merken kann, wenn man so hoffnungslos zahlenblind ist wie ich. Also noch eine Fügung. Mehr „Zufälle“ brauchte ich nicht. Die beiden waren eindeutig „meine“ Kater!

Noch am selben Abend schrieb ich der Züchterin eine ausführliche Mail und begann (etwas bang) zu warten. Hoffentlich war mir niemand zuvorgekommen! Hoffentlich hatte sie nicht vor, die Kleinen zu behalten oder gar in die Zucht zu geben! Hoffentlich fand sie mich sympathisch genug, um mir die Kleinen anzuvertrauen! Züchter können da sehr eigen sein manchmal. Der Tag verging, es tat sich nichts. Ob sie meine Mail nicht bekommen hatte?

Kallista Kabaret aka Stellaluna (H. Kreuzsaler)

Stellaluna, damals noch Kallista (H. Kreuzsaler)

Zweiter Versuch. Diesmal kontaktierte ich Heike über Facebook. Und diesmal antwortete sie mir auch. Ziemlich knapp, aber da ahnte ich auch noch nicht, dass sie im krassen Gegensatz zu mir eine leidenschaftliche Telefoniererin ist. Sie hatte meine Mail, in der ich mich vorgestellt und ihr von meiner Coon-Liebe berichtet hatte, gelesen und rief mich noch am selben Abend an. Es wurde ein äußerst langes und für mich nicht gerade einfaches Gespräch, denn ich HASSE Telefonieren. Vor allem, wenn ich die andere Person nicht mal kenne und einen möglichst guten Eindruck machen möchte, weil ich mich unsterblich in zwei ihrer Kitten verliebt habe. Heike dagegen HASST Schreiben.

Wir haben in den nächsten Tagen und Wochen noch viele Male telefoniert, sie jedes Mal total entspannt und ich oft genug ziemlich unentspannt. Zum Ausgleich versorgte mich Heike allerdings mit vielen kleinen Videos (merkwürdigerweise immer bei problematischen Lichtverhältnissen aufgenommen, aber trotzdem heiß erwartet) und ganz vielen richtig schönen Fotos. Ich fand den ganzen K-Wurf wunderschön und konnte mich nicht satt sehen an den Kleinen. Aber die katzenlose Zeit war dennoch schwer erträglich, zumal sich schwarze Schicksalswolken am Horizont abzuzeichnen begannen. Doch die Aussicht, dass die beiden Kitten irgendwann im Juli einziehen würden, half mir über viele Sorgen hinweg.

die Torbie Schwestern (H. Kreuzsaler)

Zuerst stand allerdings noch der Besuch an, um herauszufinden, ob mir die Kitten gefielen (völlig unnötig, wußte ich auch so) und ob ich den Kitten und vor allem ihrer Züchterin gefiel. Ich hoffte das Beste und machte mich mit Feuereifer daran, unser Haus kittensicher zu machen, neues Spielzeug und neue Decken zu kaufen, die Kratzbäume neu zu beziehen, frische Kratzmatten aufzuhängen und alles zu waschen, was sich überhaupt waschen ließ. Die beiden sollten in ein wahres Kittenparadies einziehen. Aber die Zeit wurde lang und länger. Auf dem Regal neben meinem Bett standen zwei Portraitfotos, und nachts machte ich mir stundenlang Gedanken, wie ich sie wohl nennen würde.

Oh süße Qual des Wartens….

Der ganze wunderschöne K-Wurf (H. Kreuzsaler)

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