Kölner Stämme – Die Piraten

Abendrot (jplenio/pixabay)

Piraten – Calico Jack  (BFL)

Der November startet trübe und traurig, ein neuer Lockdown beginnt, und ich bekomme Lust, in Farben zu schwelgen. Nach meinem letzten Beitrag über die Kölner Stämme habe ich mich in den Tiefen des Hauses auf die Suche gemacht und endlich auch die anderen Fotos ausgegraben. Ob es die Piraten wohl noch gibt?

Als Kind war ich viel krank, was mir die Gelegenheit gab, heimlich die umfangreiche Bibliothek meiner Eltern zu erforschen, vor allem die verbotene oberste Reihe. Manchmal brachten Besucher auch zusätzlichen Lesestoff, und eines Tages bekam ich von einer Freundin meiner Mutter, die zwei erwachsene Söhne hatte, einen ganzen Stapel „Jungensbücher“. Eins davon war „Das Nibelungenlied“, das wahrscheinlich dazu führte, dass ich später Mittelhochdeutsch studierte, ein anderes „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson.

Die wilden Piraten verfolgte mich bis in meine Träume, und der spannende Roman gehört bis heute zu meinen Lieblingsbüchern. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn schon gelesen habe. Am liebsten im Original und illustriert von Robert Ingpen oder N.C. Wyeth. Kein Wunder, dass mich die Piraten bei den Stämmelagern besonders faszinierten. Und es gab auch genügend wilde Piratinnen!

Piraten – Käptn Kalli  (BFL)

Alle sahen aus, als wären sie Zeitgenossen vom alten Bill Bones, dem heimtückischen Schwarzen Hund, dem gerissenen einbeinigen Schiffskoch Long John Silver und dem verruchten Käpt’n Flint. Der Käpt’n hatte sogar einen Papagei auf der Schulter, doch zum Glück schrie er nicht in einem fort „Dukaten“, sondern wirkte eher ausgestopft.

Piraten (BFL)

Stevenson schrieb sein Buch 1881 während eines verregneten Sommers für seinen Stiefsohn, und angefangen hat alles mit einer geheimnisvollen Schatzkarte. Die war vorn im Buch auch abgebildet. Da lag ich also unbeweglich mit Halswickel und Husten in meinem Kinderzimmer und stach in meiner Vorstellung gleichzeitig abenteuerlustig mit Jim Hawkins auf der „Esmeralda“ in See, schaute Long John Silver beim Kochen zu, beobachtete den gemeinen Israel Hands, wie er versuchte, Jim Hawkins mit dem Messer umzubringen, und hörte die Piraten ihr schreckliches Lied grölen („Fünfzehn Mann auf des toten Mannes Kiste – hohoho – und ’ne Buddel voll Rum“).

Piratenmutter mit Sohn (BFL)

Es störte mich nur, dass kein einziges Mädchen in dem Roman vorkam (und außer Jims ziemlich farbloser Mutter auch keine Frau), denn ich ahnte, dass es neben Blackbeard, Störtebecker und Sir Francis Drake auch berühmte Piratinnen gegeben hatte. Gab es auch, etwa Ann Bonny und Grace O’Malley.

Wenn es meine Geschichte gewesen wäre, hätte es todsicher auch ein mutiges Mädchen gegeben, das sich notfalls einfach als Junge verkleidet hätte. Und zumindest eine Frau hätte bei mir auch eine tragende Rolle gespielt. Meine eigene Mutter war nämlich die Idealbesetzung für eine resolute furchtlose Piratin. Sie hatte schließlich schon als junges Mädchen in ihrem kleinen Dorf am Niederrhein revolutionäre Hosen und Anzüge getragen und damit für Aufsehen gesorgt und außerdem geraucht wie ein Schlot!

Pirat Havanna Charly (BFL)

In meiner Kindheit gab es 1966 den Weihnachtsvierteiler „Die Schatzinsel“ mit Michael Ande als Jim Hawkins, und später war eine meiner Lieblingsserien „Das Wappen von Saint Malo“. (Gerade habe ich gesehen, dass man es inzwischen „digitally remastered“ als DVD erstehen kann, und jetzt raten Sie mal, was ich im kommenden Lockdown beim Bügeln gucken werde.) Ob ich Gérard Barray wohl immer noch so faszinierend finden werde wie damals als Kind? Der erste Junge, in den ich mich verliebte, sah ihm jedenfalls ziemlich ähnlich, dunkles Haar und schräge Katzenaugen. Der tollkühne Robert Surcouf war damals mein Held, und bisher hat ihn auch noch kein anderer Korsar entthront. Für Johnny Depps abgedrehte Piratenversion kann ich mich nicht erwärmen, auch wenn das Kostüm toll ist. Ich war vor einigen Jahren übrigens mal in Saint Malo und dachte dort natürlich auch an den berühmten Korsaren. Dort ist auch sein Grab.

Piraten (BFL)

Einmal war ich ganz nahe dran, ein dickes Buch über Piraten, Freibeuter, Bukaniere, Filibuster und Korsaren zu übersetzen. Woran es gescheitert ist, weiß ich nicht, denn der Auftrag kam nicht von einem Verlag, sondern von einem Redaktionsbüro in München. Ich kaufte mir begeistert ganz viele Bücher über Piraten, denn zum Übersetzen braucht man natürlich auch Sekundärliteratur! Ich war extrem motiviert!

Meine Probeübersetzung wurde zwar hochgelobt, doch aus dem Buch wurde nichts. Schade. Aber wir waren in dem Jahr zum Trost in Cornwall, haben einige berühmte Piratennester besucht und in Penzance staunend im „Admiral Benbow“ gesessen, zwischen Tauen, Schiffslaternen und Galionsfiguren. Und eins meiner Urlaubsmitbringsel war ein richtig schönes Buddelschiff….

Seeschlacht  (three-shots/pixabay)

 

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4 Antworten zu Kölner Stämme – Die Piraten

  1. Georg Klein sagt:

    Und der November wird noch trüber und noch viel trauriger!
    Diese Woche ist „unser“ Captain Kalli (Karl-Heinz Hansmann), Begründer der 1. Original Kölner Piraten vun 1968 k.e.V., von uns gegangen.
    Am 2. November 2020 hat er das Schiff für immer verlassen
    und seine letzte große Fahrt angetreten.
    In Gedanken wird dieser Große Mann immer mit allen Kölner Piraten auf großer Fahrt sein!

  2. Sandra sagt:

    Ich bin über die Suche nach „Papagei“ hierher gestolpert und finde dieses interessanten Beitrag, Danke!

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