Kölner Westen – Frühling in Weiden

Auf dem Weidener Friedhof (BFL)

Nach der harten letzten Woche voller Live Ticker, Schreckensmeldungen und sich überschlagender Corona-Updates habe ich heute einfach nur noch das Bedürfnis, nach draußen in den Garten und hinaus in unser blühendes Veedel  zu schauen.

Auf den ersten Blick sieht alles aus wie immer, friedlich und freundlich, nur dass es heute kälter ist als in den letzten Tagen. Es ist windig, und es soll sogar Frost geben. Die Magnolie am Emil- Schreiterer-Platz blüht genau so üppig wie jedes Jahr, auch meine kleine Sternmagnolie im Garten gibt sich richtig viel Mühe, obwohl sie aus Platzmangel nur in einem Kübel steht. An der Weidener Kirche sprießen eindrucksvoll die leuchtend roten Blätter der Glanzmispeln wie kleine Feuerspieße in die Höhe, und überall entdeckt man pralle Knospen und junges Laub. Doch die Menschen sind ernst, und fast alle bleiben hier in Weiden in ihren Wohnungen und Häusern. Heute hat zu meinem Kummer kaum jemand zurückgelächelt. Vielleicht stimmt meine Theorie vom freundlicheren Miteinander doch nicht. Wäre schade.

bei „Garten Müller“ (BFL)

Ganz habe ich gestern das Zuhausebleiben nicht geschafft, zu groß war das Bedürfnis, schnell noch etwas Blühendes ins Haus und in den Garten zu holen, und den Büschen vor dem Haus, die das ganze Jahr lang die Abgase der Aachener Straße ertragen müssen, einen ordentlichen Dünger zu spendieren. Eine meiner Glanzmispeln hat viele dunkle Flecken auf ihren Blättern und verlangt dringend nach einer kleinen Frühlingskur. Die Garten Center sind ja zum Glück noch geöffnet, doch wenn die Ausgangsbeschränkungen weiter zunehmen, ist es für einen Besuch zu spät.

Also waren wir kurz bei „Garten Müller“. Ich habe etliche Fotos gemacht, wollte die ganze Frühlingspracht irgendwie festhalten und mit nach Hause nehmen. Am großen Teich lärmten die weißen Gänse, und überall standen und hingen blühende Pflanzen. Ein bisschen hat es sich wie Abschied angefühlt. Aber das Gefühl hatte ich auch schon, als wir auf dem Friedhof waren und die Narzissentuffs bewundert haben. Wie würde die kleine Anna in dem Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ sagen? „Aufwiedersehen, Narzissen! Aufwiedersehen, Bäume! Aufwiedersehen, kleines Eichhörnchen!“ Die Bäume an der Igny-Straße waren bunt vor Gießkannen. „Aufwiedersehen, ihr Bäume mit den Gießkannen!“ Alles wirkte fröhlich und beschwingt. Nur die Menschen nicht.

bei „Garten Müller“ (BFL)

Am liebsten hatte ich bei „Garten Müller“ einen ganzen Lieferwagen voller Blumen mitgenommen, doch aus Vernunftgründen kaufte ich dann doch nur ganz gezielt die Blumen, mit denen ich die Lücken in den Kästen vorübergehend schließen kann. Es tut mir gut, dem Elend der Welt jetzt etwas Buntes und Lebendiges entgegenzusetzen. Wahrscheinlich würde ich auch noch am allerletzten Tag ein Bäumchen pflanzen. Ganz bestimmt würde ich das!

Danach war ich einige Stunden draußen im Garten, habe gekehrt und die Beete etwas aufgeräumt. Die ersten Clematisknospen sind schon zu sehen, leider auch die riesige Giersch-Monokultur, die sich in unserem Garten immer breiter macht und alles erstickt und durchwuchert. Aber egal, der Giersch ist jung und grün, und notfalls kann man ihn als Salat essen. Ansonsten sind wir keine Selbstversorger, was mir im Moment fast leid tut. Vielleicht kaufe ich, wenn es wärmer wird und dann noch möglich ist, ein paar Tomaten- und Gurkenpflanzen? Der Reiher, der unseren Teich schon so oft leergefischt hat, soll tot sein, hat mir jemand auf Facebook mitgeteilt.

Gestern Abend war hier bei uns vom Kölner Klatschen nichts zu hören, nur auf der Gartenseite erklangen fußballfeldartige „Töne“, wohl aus den hohen Häusern gegenüber vom Einkaufscenter. Vielleicht wird es ja heute Abend etwas lebendiger? Vielleicht sogar schon beim Glockenläuten um 19:30 Uhr? Oder igeln sich die Leute direkt an der Aachener Straße besonders ein? Früher gab es genau gegenüber eine nette alte Dame, die mir immer zugewunken hat, wenn sie mich am Fenster meines Arbeitszimmer sah. Sie saß viel am Fenster und hatte ein wenig Ähnlichkeit mit meiner Oma, doch das ist schon lange her. Ich glaube, sie hieß Frau Blücher, aber sicher bin ich mir nicht.

Robin (BFL)

Auf der offiziellen Dom-Seite habe ich eben entdeckt, dass man von zu Hause aus und sogar aus aller Welt an einem der für mich mächtigsten Kraftorte Kölns, bei der Schutzmantelmadonna, eine Kerze anzünden kann. Wie gut, dass ich voriges Jahr in Kevelaer war (dort hatte ich eine Lesung) und Fotos gemacht habe. Ich habe auch Bilder von der Schutzmantelmadonna. Als Kind hat meine Oma mich immer mit in die Marienandachten genommen und wir haben die schönen Lieder gesungen. Vor allem im Mai. Dann bekam Maria bei mir im Kinderzimmer sogar einen kleinen Altar. Und vor den Mathematikarbeiten (ich bin mathematisch tiefbegabt) habe ich immer zu ihr gebetet und hatte sogar eine Karte mit ihrem Bild unter meinem Heft liegen. Die Mathe-Schwester dachte natürlich, ich würde pfuschen, aber als sie sah, wer da unter meinem Heft lag, strich sie mir nur mitleidig übers Haar und ließ mich fortan in Ruhe. Bei der Kölner „Schmuckmadonna“ habe ich schon häufig gesessen und nachgedacht. Nicht nur, wenn ich Probleme hatte. Eigentlich immer, wenn ich vorbei kam. Ich habe vor ein paar Jahren auch Bilder von der Schwarzen Madonna in Köln gemacht. Aber nicht heute. Vielleicht morgen. Morgen ist Sonntag. Mein heutiger Beitrag soll vor allem den Blumen und Blüten gehören.

Schade, dass man darin die Vögel nicht singen hören kann. Vorn an der Straße tschilpen die Spatzen, eine ganze Familie hat sich da versammelt, und sie schreien, dass man fast Kopfschmerzen bekommt. Hinten schmettert neuerdings frühmorgens ein Zaunkönig und etwas später die Amsel. Das Rotkehlchen ist momentan leise, kommt aber regelmäßig ans Futterhaus, und auch die Mönchsgrasmücke, die sonst immer für mich singt, wenn ich draußen bin, hält momentan den Schnabel. Leider. Die Vögel haben es gut. Sie können fliegen, wohin sie wollen. Sie wissen nichts von den momentanen Nöten der Welt. Ob ihnen auffällt, dass Köln ruhiger und leerer ist als sonst? Vielleicht singt die Mönchsgrasmücke morgen wieder für mich. Morgen ist ja Sonntag.

Bei „Garten Müller“ (BFL)

 

 

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