Rooms and Stories – Zimmer 13

in der Bretagne

Als die Tür aufgeht und meine neue Zimmergenossin hereinkommt, bin ich angenehm überrascht und total erleichtert, denn sie ist mir sofort sympathisch. „Hallo, ich bin die Michelle“, sagt die zierliche Person, die nach Eau de Roches duftet, freundlich und reicht mir die Hand. Sie spricht leise und musikalisch, die französische Färbung ist nur ganz zart. Ich bin so froh, dass sie nicht raucht! Wir erzählen einander ein bisschen über unsere Heimatorte und unsere Eltern, und sie gibt mir gleich viele nützliche Tipps für den ersten Tag an der Uni, berichtet, welche Dozenten und Professoren sie bereits kennt. Wir atmen beide tief durch und lächeln.

Michelle hat weiches, dunkelblondes Haar, das direkt nach dem Waschen wellig und leicht gelockt ist wie feinstes Engelshaar. Ihre Augen sind braun, mit einer Spur Graugrün. Sie ist etwas älter als ich, studiert bereits seit einigen Semestern an der Sorbonne in Paris, ist sehr schlank und im Gegensatz zu mir äußerst sportlich. Hier in Köln wird sie ihre Magisterarbeit schreiben. Das Thema klingt kompliziert: Deutschland nach dem ersten Weltkrieg in den Romanen von Fallada „Kleiner Mann, was nun“ und „Wolf unter Wölfen“. Ich kenne den Schriftsteller nicht, wohl aber das Pferd Falada aus dem Märchen „Die Gänsemagd“, dessen Kopf nach dem Verrat durch die Kammerzofe an der Brückenmauer hängt und jeden Morgen so traurig der betrogenen Prinzessin antwortet. Die Prinzessin beginnt: „Oh du Falada, da du hangest.“ Und der Pferdekopf antwortet: „Oh du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das dein Mutter wüßt‘, ihr Herz tät ihr zerspringen.“ Mir tat das Pferd immer sehr leid, als Kind hat mich der abgeschlagene Kopf gelegentlich in den Schlaf verfolgt. Mir selbst gefiel in dem Märchen vor allem der Zauberspruch der Gänsemagd-Königstochter: „Weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und lass’n sich mit jagen, bis ich geflochten und geschnatzt und wieder aufgesatzt.“ Geschnatzt ist ein wunderbar altmodisches Wort, das ich bis heute gelegentlich benutze.

 Aus dem Märchen lieh sich Fallada seinen Namen, erzählt mir Michelle, in Wirklichkeit hieß er Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen. Sein selbstgewählter Vorname stammt aus dem Märchen „Hans im Glück“. Pseudonyme sind sehr verlockend, ich überlege, wie ich mich selbst nennen soll, falls ich eines Tages Bücher schreibe. Das ist mein großer Traum. Bei den Exerzitien vor dem Abitur habe ich ihn zu meiner großen Überraschung zum ersten Mal ausgesprochen: „Ich möchte Schriftstellerin werden.“ Wir saßen im Kreis, gemeinsam mit einem sehr netten Priester, den wir nie wiedersehen würden, und sollten sagen, wie wir uns unsere Zukunft vorstellten. Meinen Eltern verschweige ich meinen kühnen Plan natürlich. Ich weiß genau, was meine Mutter sagen wird: „Brotlose Kunst! Kommt nicht in Frage!“ Vielleicht könnte ich meinen Nachnamen in die französische Form Valentin umwandeln, so hießen unsere hugenottischen Vorfahren. Aber möglicherweise ist das nur so eine Familienmär wie die angebliche Burg Felten, von der außer den Geschwistern meines Vaters kein Mensch etwas weiß. Die Hauptperson in Falladas „Kleine Mann, was nun“ nennt seine Frau „Lämmchen“, erzählt Michelle. Klingt ein bisschen wie „Liebchen“, so nennt mich mein Vater manchmal. Ich muss das Buch unbedingt lesen!

 Die erste kalte Universitätsdusche erwischt mich am nächsten Morgen bei der „Studienberatung für Erstsemester“. Dieses Gespräch ist für alle Neuen Pflicht. Der Professor wirkt genervt, hat wohl den ganzen Tag nichts anderes getan als sich mit unwissenden Frischlingen herumzuschlagen. Mich fragt er unfreundlich, warum ich denn ausgerechnet Germanistik studieren wolle. Es gebe in Köln ohnehin schon viel zu viele Germanisten. Auf diesen Affront bin ich nicht gefasst. „Weil ich Bücher liebe“, ist das Einzige, das mir einfällt und entspricht zudem der Wahrheit. Der Professor schnaubt. „Wenn das alles ist, sollten Sie besser Bibliothekarin werden.“ Ich fühle mich wie ein mit Eiswasser begossener Pudel. Den Rest der Beratung bekomme ich nicht mehr mit vor nachhaltigem Schreck. Die Zweifel, ob Germanistik wirklich das richtige Fach für mich ist, lodern stärker denn je. Später wird mir klar, dass er Linguist ist. Vielleicht hätte ich die Bücher nicht erwähnen sollen? „Weil ich die deutsche Grammatik und Sprachwissenschaft liebe“ wäre vielleicht eine bessere Antwort gewesen? Irgendetwas Witziges, Originelles hätte ich sagen sollen, ihm den Wind aus den Segeln nehmen, aber mir fällt in heiklen Situationen nie etwas Gescheites ein. Ob alle Erstsemester das mit der Liebe zu Büchern gesagt haben und er deshalb so sauer war? Am liebsten würde ich gleich alles hinschmeißen und gar nicht erst anfangen zu studieren.

Im Hauptstudium begegnete ich ihm später wieder, er leitete das Seminar „Übersetzungskritik“, ein Thema, das mich spontan faszinierte. Vielleicht ahnte ich damals schon, dass ich schon bald Buchübersetzerin werden würde. Wir verglichen verschiedene Übersetzungsversionen, hatten dabei immer Zielsprache und Ausgangssprache im Blick, denn ohne das Original zu kennen, kann man sich die Kritik gleich sparen. Wer nicht beide Sprachen perfekt beherrscht, kann eine Übersetzung gar nicht beurteilen. Das leuchtete mir ein. Eines Morgens ging es um Fachsprachen. „Die kann man nicht übersetzen“, meinte der Professor, „Hier muss man den entsprechenden Begriff in der Zielsprache einfach kennen, damit die Übertragung klappt.“ Als Beispiel wählte er die Waidmannssprache, die kenne ich recht gut aus meinen Kinderbüchern und durch meinen Jäger-Vater, und Minuten später beeindruckte ich den Professor, der mich im ersten Semester so verunsichert hatte, mit meinem rein zufälligen Wissen. Ich schien die Einzige im Kurs zu sein, die wusste, zu welcher Fachsprache „Lichter“, „Blume“, „Luder“ und „Schweiß“ gehörten und was sie in diesem Kontext bedeuten. „Sie sind aber intelligent!“ entfuhr es ihm. Ich wurde rot. Das unverdiente Lob freute mich. Mit Intelligenz hat die Kenntnis der Jägersprache natürlich genauso wenig zu tun wie die Germanistik mit der Liebe zu Büchern.

 Jeden Morgen setzt sich Michelle an ihren Schreibtisch, trinkt warmen Kräutertee, manchmal nascht sie auch Marmelade, und bleibt sitzen, bis sie mindestens fünf Seiten geschrieben hat. Manchmal geht es schnell, dann können wir auch schon mal gemeinsam zu Fuß in die Uni gehen, manchmal sitzt sie auch am Nachmittag noch dort, mit leicht zusammengezogenen Brauen und gezücktem Füller, es will ihr dann einfach nicht genug einfallen. Sie ist beneidenswert diszipliniert. Auch was ihre Fitness betrifft. Sie geht (gefühlt) jeden Tag schwimmen, weil es sie an die Bretagne und das Meer erinnert, in das man einfach morgens und abends hineinspringen kann, wenn man dort ein Sommerhaus hat. In der Bretagne würde ich auch gern leben! Michelle erzählt mir von blauen Hortensienbüschen, Menhiren und verwitterten Kalvarienbergen vor uralten Kirchen. In der Bretagne gibt es viele geheimnisvolle Orte, sogar einen personifizierten Tod, den Ankou, Legenden und Mythen, Broceliande, den sagenhaften Wald aus der Artusepik, und sogar eine eigene keltische Sprache, Bretonisch. „Du musst mich unbedingt dort besuchen“, sagt Michelle, und ich weiß, dass ich das ganz sicher tun werde.

 Samstags geht Michelle reiten, sie besitzt natürlich einen Reithelm und alles, was man zum Reiten sonst noch braucht. Sie sieht eindrucksvoll aus in ihrem Outfit und berichtet, dass deutsche Pferde viel größer sind als französische. Sie schwärmt für den jungen englischen Jockey Eddie Macken.

Ich schwärme auch. Erschreckend heftig, selbst für meine gefühlsstürmischen Verhältnisse. Für meinen ungarisch-britischen Lektor, in dessen Kurs ich ganz zufällig geraten bin. Es tut richtig weh und fühlt sich an wie Liebe. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Als ich mich in seinem Zimmer im Philosophikum anmelde und ihn zum ersten Mal sehe, fällt mir alles aus den Händen, Tasche, Stift, Block. Als hätte mich der Blitz getroffen, so etwas Verrücktes ist mir noch nie passiert. Sein Gesicht muss einem uralten Seelenbild in mir entsprechen, von dem ich nicht weiß, woher es stammt. Aus einem Film? Einem Buch? Einem Traum? Einem anderen Leben? Ich bin in seinen Kurs geschickt worden, es ist ein sogenannter C-Kurs, weil ich im Placement Test schlecht abgeschnitten habe. Es war ein komplizierter Multiple Choice Test, der die Lektüre von etlichen Texten und Büchern voraussetzte, von denen ich bis dahin noch nie gehört hatte. Eine deprimierende Erfahrung, doch als jäh der Blitz in mich fährt, bin ich glücklich, dass mich der verpatzte Test ausgerechnet in dieses Zimmer geführt hat. 

 Wenn ich in den Intensive Language Course gehe (14:00 -17:00 Uhr im alten Vorlesungsgebäude, er kommt immer zu spät), ist mir schon morgens beim Aufstehen schlecht vor Aufregung und ich bekomme keinen Bissen herunter. Im Mittelhochdeutschkurs finde ich Worte für diese Gefühlsverwirrung bei Gottfried von Straßburg: „süeze sûr, liebes leit“. Wird er mich bemerken? Mir zulächeln? Das bodenlose Verliebtsein hat etwas zutiefst Erschreckendes. Es beginnt bereits, sich störend auf meine realen Beziehungen auszuwirken, denn für meine Gefühle macht es merkwürdigerweise überhaupt keinen Unterschied, ob sie erwidert werden oder nicht. Dieser Mensch erschüttert alles, was bisher war. Michelle wünscht mir „Viel Glück“, wenn ich donnerstags hoffnungsvoll ängstlich aus der Tür gehe. Natürlich interessiert er sich nicht für mich, auch wenn er mich gelegentlich anlächelt, so dass all meine Sehnsüchte ins Leere laufen. Im zweiten Semester besuche ich gleich zwei seiner Veranstaltungen, den Essay und den Translation Course. Danach ist er fort, und ich weiß nur, dass ich ihn nie vergessen und noch lange suchen werde. 

 Ab und zu fährt Michelle mit ihrem kleinen weißen C4 am Wochenende mit mir zu meinen Eltern. Beide mögen sie auf Anhieb, auch wenn sie isst wie ein Vögelchen, was meine Mutter nicht müde wird zu beklagen. Michelle ist oft unterwegs, so dass ich trotz des Doppelzimmers erstaunlich viel Zeit für mich allein habe. Doch es stört mich auch nicht beim Lernen oder Lesen, wenn sie da ist. Sie gehört einfach dazu. Zum Zimmer, zu Köln, zu meinem Leben.

Wir lieben zufällig genau dieselbe Musik: alles von Cat Stevens, aber auch vieles von Donovan, Ralph McTell („Streets of London“) und Bob Dylan (besonders „Hurricane“). Es ist die Zeit der Folk-Sänger und Michelle hat auch Musik von französischen Künstlern wie Alan Stivell, der damals in Deutschland schon gut bekannt ist. In der Bretagne gibt es auch Harfen und Dudelsäcke als traditionelle Instrumente, erfahre ich, denn es ist ein keltisches Land. Cat Stevens hören wir jeden Abend, eine von uns muss immer gefühlt hundertmal aufstehen, um den Recorder zurückspulen zu lassen, damit wir „Sad Lisa“ oder „Father and Son“ wieder und wieder hören können. Es ist ein friedliches, angenehmes Jahr in der 13, auch wenn mir die Uni und mein Freund bei der Bundeswehr enorm viel Stress machen.

 In der Bretagne war Michelle Meisterin für Kraulschwimmen, 4 x 100 Meter Staffel, ich bin tief beeindruckt. Ich selbst bin leider der unsportlichste Mensch, den man sich vorstellen kann. Michelle dagegen ist ein echtes Wassermädchen und hat vom Schwimmen eindrucksvoll starke Schultern. Sie zeigt mir Fotos von ihrem Bretonischen Spaniel und ihrem Irish Setter. Ihr Vater ist Zahnarzt und ein hervorragender Fotograf. Er fotografiert am liebsten Winzlinge: Insekten, Blüten, Grashalme, Tautropfen, aber natürlich auch seine Hunde. Auf einem Bild läuft der Spaniel durch ein wogendes Gräserfeld, am liebsten würde ich es vergrößern und über meinen Schreibtisch hängen. Oft wartet er stundenlang geduldig, bis die Grille, der Marienkäfer oder die Heuschrecke genau so sitzen, dass er sie perfekt fotografieren kann. Diese Jagd mit der Kamera kann ich gut verstehen und auch das befriedigende Glücksgefühl, wenn der richtige Moment gekommen ist und man das Bild „geschossen“ hat. Michelles Mutter klingt ähnlich kompliziert wie meine eigene, obwohl Michelle nie Negatives über sie sagt. Aber wir können beide zwischen den Zeilen lesen.

 Für mich ist das Zusammensein mit Michelle ein „Match made in Heaven“. Es gelingt uns mühelos, diskret, rücksichtsvoll, freundlich und entspannt miteinander umzugehen. Kein einziges Mal haben wir Streit oder auch nur eine Unstimmigkeit. Ich freue mich jeden Tag, mit ihr im selben Zimmer zu wohnen. Wenn ich nach Köln zurückkehre, ist es trotz der Kopfschmerzen, die mir die berüchtigte Kölner Bucht in den ersten Monaten beschert, schon bald genauso mein Zuhause wie mein Elternhaus. Morgens weckt uns Michelles Radio mit französischen Nachrichten, abends hören wir bis tief in die Nacht unsere gemeinsame Lieblingsmusik. Einen Fernseher gibt es nur im Gemeinschaftsraum, nicht in den Zimmern. Es ist eine ruhige, freundliche, sichere Zeit in Zimmer 13, ich lerne wichtige französische Wörter wie „bof!“ und „le truc“ und sehe unzählige französische Filme, denn das Institut Français liegt um die Ecke und wir besuchen auch oft die preiswerten kleinen Kinos, etwa die Cinemathek. „César et Rosalie“ mit dem schönen Sami Frey und dem interessanten Yves Montand sehen wir mindestens fünfmal.

 Es gibt nur ein Foto von unserem Zimmer, Michelle muss es gemacht haben. Ich sitze auf meinem Bett mit der knallroten Decke, die meine Mutter gekauft hat, und sehe fröhlich aus. Hinter mir hängen einige der selbstgemalten schwarzweißen Tuschebilder, meine Wimmelbilder aus der Pforte. Es muss in der Adventszeit aufgenommen worden sein, denn an der Wand hängt ein Adventskalender in Nikolausform, einer der wenigen Hampelmann-Kalender in meiner Sammlung. Man sieht auch den Rand des blauen Märchenposters von Edmund Dulac und eine Ecke des David Hamilton-Posters, auf dem die beiden Mädchen vor der verwitterten Mauer nie aufhören werden, die weißen Tauben zu füttern.

Im nächsten Jahr kennen wir uns fünfzig Jahre, und Michelles Gegenwart ist für mich immer noch genauso angenehm und entspannend wie damals. Wir brauchen selbst nach längerer Abwesenheit nur Sekunden, um wieder vertraut zu sein, und sind auf Whatsapp oft in Kontakt. Michelle reist gern und schickt mir stimmungsvolle Fotos aus fernen Ländern, entdeckt verwunschene Buchläden für mich und teilt mit mir die schönsten Sonnenuntergänge an ihrem bretonischen Strand. Inzwischen joggt sie jeden Tag. Sie liebt Hunde (besonders Beagles) wie ich Katzen (besonders Maine Coons). Wir sehen uns jedes Jahr, sie hat es sogar während der Pandemie nach Köln geschafft. Ich habe sie in Paris und in der Bretagne besucht, aber das sind andere Räume und andere Geschichten.

Der Tag, an dem sie aus Zimmer 13 auszog, war schrecklich. Ich brachte sie zum Wagen, wir gaben uns die letzten traurigen Luftküsse, und ich ging zurück in den einsamen, halbleeren Raum. Genau wie am ersten Abend. Schnell und ohne jemanden anzusehen. Schließlich wollte ich nicht vor aller Welt in Tränen ausbrechen. 

in der Bretagne

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Rooms and Stories – Universität zu Köln

Hüpfen (Jose MariaPerez/unsplash)

Als sie den Mensabereich „Wahlessen“ betritt, sieht sie ihn sofort. Er sitzt an einem Tisch in Fensternähe. Allein. Sie hat draußen im dunklen Schatten der Wände gestanden und beobachtet, wie er mit großen Schritten durch den Regen zur Mensa ging, dann eine Weile gewartet, ein Tablett mit irgendetwas Hastigem versehen und ist ihm gefolgt. Er ist nur mittwochs und donnerstags in der Uni. Was sie jetzt tun wird, fällt ihr sehr schwer, aber sie kann nicht anders. Es ist ein Kairos-Moment, den man nicht ungenutzt vergehen lassen darf. Im letzten Augenblick beschließt sie, nicht Englisch, sondern Deutsch mit ihm zu sprechen. Er beherrscht viele Sprachen, das weiß sie, in allen anderen wird sie ihm unterlegen sein. Bisher kennt sie ihn nur auf Englisch. Er bemerkt sie erst, als sie sich seinem Tisch nähert.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“ „Überhaupt nicht.“ Er lächelt, hebt die Brauen und macht eine ermunternde Handbewegung, während sie mit unruhigen Fingern das Tablett abstellt, den grüngemusterten Stockschirm an den Tisch lehnt und ihre Mantelknöpfe aufnestelt. Sie trägt einen leichten schwarzen Sommermantel.

„Was reden denn die da draußen? Ich habe eben nicht aufgepasst.“ „Irgendein Kommilitone hat wohl politische Probleme. „Es geht also um Politik?“ Diese schönen Augen, denkt sie. Jetzt schauen die schönen dunkelbraunen Augen amüsiert nach unten auf seinen Teller. „Was soll denn das wieder für ein Fleisch sein? Man weiß nie, ob es gut ist, wenn man es anschaut.“ „Sieht aus wie Pferdefleisch“, meint sie. Er lacht leise. Er lacht sehr oft, auch im Unterricht. Er scheint die Welt aus sicherer Entfernung mit einer Mischung aus Heiterkeit, Ironie und Entspanntheit zu betrachten. „Pferdefleisch kenne ich, das schmeckt ganz gut.“ Jetzt blickt er auf ihren Teller und sieht nur Salat. „Sie mögen kein Pferdefleisch! Darum haben Sie also keins!“ Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Wie immer in wichtigen Momenten setzt ihr Verstand aus.

„Dieses schreckliche Wetter heute macht mich traurig“, versucht sie. Kein guter Anfang.„Ja, der Sommer ist schon vorbei hier in Köln.“ „Meinen Sie?“ „Sicher. Zwei Wochen Sonne, und dann ist es vorbei.“ „Ich weiß nicht… “ „Im vorigen Jahr war es noch schlimmer, da gab es gar keinen Sommer. In Köln regnet es viel mehr als in London. Da sieht es so aus, als ob es jeden Moment regnet, aber es tut es nicht.“ In diesem Moment rutscht ihr Schirm und fällt. Zu seiner Seite. Sie bückt sich, doch er ist schneller und hat ihn bereits aufgefangen.

„Gleich fällt er wieder!“ warnt sie. „Bestimmt! Er ist zu lang. Das müssen Sie so machen, dann fällt er nicht mehr.“ Er hängt den Schirm gekonnt in einem merkwürdigen, erstaunlich effektiven Winkel an den Tisch. Sie schaut ihn verdutzt an. Er hebt die Brauen und lacht zufrieden. „Eigentlich komisch“, sagt sie. „Immer wenn ich diesen großen Schirm mitnehme, regnet es nicht, aber heute doch.“ „Sie hatten heute also Glück mit dem Schirm.“ Großes Glück, denkt sie. Und nicht nur mit dem Schirm.

„Wie schmeckt denn das Pferdefleisch?“ erkundigt sie sich. „Ganz gut, aber man hat es wohl vorher mit Sand bestreut.“ „Dann ist es vielleicht ein Wüstenpferd?“ Er lehnt sich zurück und lacht. „Könnten auch Kamelen sein“, meint er. „Aber das glaube ich nicht. Die sind zu teuer.“ Ach, wie schön es sich anhört, wenn er Kamelen sagt. Das ist bisher sein einziger Fehler, auch wenn er unverkennbar britisch klingt. Sehr sophisticated. „Man könnte sie aus dem Zoo klauen“, schlägt sie vor. Er sieht sie an. Lacht. Und spielt weiter mit. „In den chinesischen Restaurants bekommt man gutes Fleisch. Man sagt, auch schon mal Ratten.“ „Sie essen Ratten?“ Die Vorstellung erschreckt sie. „Nicht bewusst. Aber wenn, dann haben sie gut geschmeckt.“ „Meine Schwester aß früher Regenwürmer.“ Hoffentlich verdirbt sie ihm nicht den Appetit. „Gebratene?“ „Nein, rohe.“„Regenwürmer werden doch selten, oder?“ „Bei uns im Garten gibt es noch genug davon.“ „Aber Frösche?“ „Das stimmt. Davon gibt es nicht mehr so viele. Essen Sie auch Frösche?“ „Die schmecken ganz besonders gut.“ Jetzt wirkt er wirklich belustigt. Was redet sie da nur für einen Unsinn. Er scheint einen äußerst robusten Magen zu haben.

Sie schweigen eine Weile, er verzehrt mit bestem Appetit sein Fleisch und streut dann den Reis in die Sauce. Dabei fällt ihm das Messer in die Mischung. Er fischt es vorsichtig mit der weißen Papierserviette heraus.

„Sind Sie schon lange hier in Köln?“ fragt sie. „Seit einem Jahr und einem – oder zwei – nein, einem Monat.“ „…. und bleiben Sie noch?“ Plötzliche Angst zwingt sie zu dieser Frage. „Nein, ich gehe nach diesem Semester wieder zurück nach London. Ich habe im Sommersemester angefangen. Drei Semester sind genug. Es ist nur ein Ausflug.“ Er schaut sie an und lacht wieder. „Sie haben in diesem Jahr angefangen, nicht?“„Im vorigen Wintersemester.“ „Sie haben also gerade erst Ihr akademisches Jahr begonnen. Sagt man das auf Deutsch so?“ „Ja.“ „Köln ist keine so schöne Stadt. London ist auch nicht schön, aber schöner als Köln.“ „Das stimmt. Es gibt ein paar schöne Stellen in Köln, aber sonst….“ „Das Unicenter gefällt mir nicht.“ Das versteht sie sofort. „Nicht wie New York.“ Ganz sicher kennt er New York. „Ich war schon mal drin, ganz hoch oben. Es sieht aus wie ein Krankenhaus. Schrecklich.“ „Ja, die Gänge. Ich dachte so.“ Er lacht wieder. „Aber man kann sich dort gut umbringen. Von oben herunterspringen.“ Er sieht sie an. „Sie wollen einen dramatischen Tod? Man braucht gar nicht bis ganz oben zu fahren, es geht auch weiter unten.“ „Ich will aber wirklich sicher sein.“

Er sieht sie immer noch an. Nachdenklich. Alles an ihm ist schön, seine tiefe, melodische Stimme, seine Augen, seine Nase, seine  Nasenflügel, seine Zähne, sein Mund. Die langen schlanken Hände. Ob er ein Instrument spielt? Ob er klassische Musik mag? Er spürt ihre Verlegenheit und rettet sie, indem er das Gespräch in ungefährlichere Bahnen lenkt.

„Heute Morgen war es ganz schrecklich. Ich musste zum Straßenverkehrsamt. Wissen Sie, wo das liegt?“ Sie weiß es nicht. Er sagt den Straßennamen, doch sie vergisst ihn sofort wieder.  „Davor ist eine Schlachterei, und es wurde umgebaut. Ich war um halb sieben zu Hause losgefahren. Ich dachte, es wäre genug Zeit, zwei Stunden. Aber ich musste warten. Ich sollte meinen englischen Führerschein übersetzen. Das dauerte so lange! Als ich herauskam, gab es keine Straßenbahn und keinen Bus. Ich musste zu Fuß gehen. Und das war eine ziemlich große Strecke, eineinhalb Kilometer. Bis dahin konnte ich kein Taxi kriegen. Alles war nass und voller Pfützen. Ich musste richtig hüpfen.“ Jetzt muss sie auch lachen.

„Das hat bestimmt nett ausgesehen.“ Er verzieht zweifelnd das Gesicht. „Dann hatten Sie ja einen richtig frühen Termin.“ Er nickt. „Es war sehr früh am Morgen. Ich dachte, die Zeit genügt. Und ich muss es bis zum Wochenende unbedingt haben.“ Er atmet hörbar ein. Ihr Mund ist trocken, sie kann kaum schlucken. „Ich habe heute keine Lust, in die Vorlesungen zu gehen.“ „Das brauchen Sie doch auch nicht.“ Er zieht wieder die Brauen hoch und schaut sie an. „Es ist nicht so weit bis nach London. Etwas mehr als eine Stunde, wenn man fliegt.“ „Nicht drei Stunden?“ „Eine Stunde und ein bisschen. Man kann auch mit dem Fahrrad fahren.“ „Sie kennen mein Fahrrad nicht.“ Er lacht. „Man braucht wohl einen Tag mit dem Fahrrad.“ „Ich bestimmt nicht.“ „Also gut. Zwei Tage. Es ist auch nicht sehr weit bis Ostende.“ Er sagt Ostend.

„Ich war im vorigen Jahr in England.“ „Ja, wo waren Sie denn?“ „In London.“ „Und es hat Ihnen gefallen?“ „Ganz gut.“ „London ist etwas zu groß, wenn man es nicht kennt.“ „Ich habe mir nur die schönsten Stellen angesehen.“

Inzwischen hat er etwas umständlich seine Milch ausgepackt, zwei Strohhalme hineingesteckt und trinkt. Sie hätte nie damit gerechnet, dass er Milch trinkt. Wein, Whiskey, Kaffee, Tee. Aber Milch? Jetzt erinnert er sie an einen großen dunklen durstigen Vogel. Als er ausgetrunken hat, lehnt er sich zurück und lächelt.

„Wenn Sie mich bitte entschuldigen“, sagt er freundlich und sehr langsam, „ich habe noch eine Verabredung. Einen Termin. Ich stecke gerade so richtig in einem bürokratischen Apparat.“ Er zieht seinen kurzen grauen Mantel an, nimmt sein Tablett, nickt ihr zu und geht. Am Tischende dreht er sich noch einmal um, lächelt und sagt: „Guten Appetit.“

Dann ist er fort, und sie kann kaum glauben, dass er jemals da war. Ihr Schirm hängt noch in diesem neuen ungewohnten Winkel und sekundenlang sieht sie noch einen dunklen Schatten auf dem Stuhl gegenüber. Dann wird alles leer. Sie denkt nichts. Sie fühlt nichts. Bald wird er fort sein. Für immer. Dieser merkwürdige Wortwechsel wird ihr erstes und einziges Gespräch bleiben. Sie ist zwanzig. Er ist vierundvierzig, doch das weiß sie nicht. Sie weiß nichts über ihn und sein Leben. Als sie im Studentenheim ankommt, schreibt sie alles auf. Sie will kein Wort, keine Bewegung verlieren.

Nach einem halben Jahrhundert, zehn Jahre nach seinem Tod, steht alles noch unverändert in meinem alten Tagebuch, und ich erschrecke, als ich das Datum lese: 18. Juni 1975. Mein Gespür war richtig, es war wirklich der letzte Moment. Drei Wochen vor Semesterende.

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Rooms and Stories – Kaesenstraße, erster Tag

Köln (Ramin Karbassi/usnplash)

Ist es möglich, ein ganzes Jahr lang mit einem wildfremden Menschen, den man sich nicht einmal selbst ausgesucht hat und der noch dazu aus einem anderen Land stammt, ein Zimmer zu teilen und dabei glücklich und in Harmonie zu leben?

Ich weiß nicht, wer die andere Studentin sein wird. Eine Französin, hat die Heimleiterin am Telefon gesagt. Ich stelle mir eine elegante, selbstbewusste Pariserin vor, toll geschminkt, die ununterbrochen raucht und Wein trinkt, nur französische Schlager hört und wie ein Wasserfall redet. Ganz schreckliche Vorurteile, ich weiß, aber sie sind hartnäckig. Möglicherweise ist sie zwanghaft ordentlich, alles muss makellos aufgeräumt sein. Oder total chaotisch, überall liegen Sachen herum, auch schlimm. Ich habe solche Angst vor diesem Jahr! Vor der Fremde, der Großstadt, der Universität, dem Studium. Keiner mehr da, den ich um Hilfe bitten oder um Rat fragen kann. Keine Familie, keine Freundinnen, keine Schule. Mein Freund, mit dem ich seit vier Jahren zusammen bin, ist weit weg bei der Bundeswehr und kommt nur noch am Wochenende nach Hause. Und er hat sich verändert, weil er es beim Bund kaum aushält. Ob ich mich auch verändern werde hier in der Stadt? Vor der Heimleiterin, einer älteren Dame, habe ich auch Angst, sie erinnert mich an eine strenge Lehrerin aus der Volksschule. Ich bestehe wie so oft nur aus Angst. Vor den Studentinnen im Heim, die aus aller Welt kommen, und den Kommilitonen an der Uni habe ich auch Angst.

Ich bin sehr aufgeregt, als meine Eltern mich mit dem Auto nach Köln bringen, aber wie üblich merkt man mir nichts an, weil ich nichts mehr sage und stumm bin wie ein Fisch. Meine Eltern sind auch gestresst, ich spüre es deutlich, meine Mutter gibt mir tausend Ratschläge, ihr wäre es lieber, ich würde weiter zu Hause wohnen und jeden Tag mit dem Zug nach Köln reisen. Mein Vater flucht und schimpft, weil er in einer fremden Stadt herumfahren muss und sich nicht auskennt. Wir haben den Kofferraum vollgepackt mit Essen, ich soll auf keinen Fall verhungern, und dem, was man als Erstsemester so braucht. Jetzt bin ich froh, dass ich eine „Aussteuer“ habe. Handtücher, Bettwäsche, mein gelbes und braunes Melitta-Geschirr, alles im Kofferraum, in Taschen, Tüten und Koffern.

Das katholische Studentinnenheim liegt nur wenige Schritte vom Volksgarten entfernt, nah an den Ringen, die Bahnverbindung ist gut, die Haltestelle Eifelplatz um die Ecke, aber ich habe keine Ahnung, wie ich zur Uni oder zum Bahnhof komme, bin ja nur an unser Dorf, aber nicht an ein Leben in der Großstadt gewöhnt. Ich kenne hier nur eine einzige Person, die Studentin, die für mich gebürgt hat. Aber von Kennen kann gar nicht die Rede sein. Sie kommt zufällig aus demselben Dorf, meine Mutter ist mit ihrer Mutter zur Schule gegangen. Meine kontaktstarke Mutter kennt jeden in unserem Dorf und ist ein Organisationsgenie. Ich fühle mich schon jetzt völlig überfordert. Schaffe ich das Studium überhaupt? Ist es wirklich eine gute Idee, Anglistik und Germanistik auf Lehramt zu studieren? Alles in mir sträubt sich dagegen. Ich kann mich so gar nicht als Studienrätin sehen, bin viel zu schüchtern, habe große Probleme damit, vor anderen zu stehen und zu reden. Vor Referaten bin ich immer tausend Tode gestorben. Am liebsten würde ich Psychologie studieren, aber das wollen meine Eltern nicht. Kunst würde mir auch gefallen, doch ein brotloser Beruf kommt nicht in Frage. Für Kunst bin ich auch nicht gut genug. Meine Abschlussnote ist gleich abgestürzt, als wir mit Speckstein und Ton gearbeitet haben. Meine Stärke ist einzig und allein das Zeichnen.

Ich habe keinen Schimmer, welche Kurse ich belegen muss, noch nie habe ich allein einen Stundenplan zusammenstellen müssen, fühle mich von den unzähligen Namen und Kursnummern erschlagen, wenn ich ins Vorlesungsverzeichnis schaue. Ich weiß nicht mal, wo ich mittags und abends etwas zu essen bekommen soll. Ewig werden die Vorräte meiner Mutter nicht halten. Meine Mutter, die meine Gedanken lesen kann, sagt: „Am nächsten Freitag bist du ja wieder zu Hause, Kind.“ Wie wird es sein ohne richtiges Badezimmer, ohne meinen vertrauten Schreibtisch, ohne Fernseher und ohne Telefon, auch wenn zu Hause immer einer mithört. Ich könnte heulen, wenn ich daran denke, dass ich ab heute Abend ohne Eltern, Schwester und ohne meine Katze leben muss.

Die schwarzweiße Topsi hat während meines Grundstudiums mit dem Kittenkriegen jedes Mal auf mich gewartet. Ihre Würfe kamen während dieser Zeit nur samstagnachts zur Welt, weil ich dann zuverlässig bei ihr im Keller neben der Wurfkiste sitzen und ihre Pfote halten konnte. Ich kam immer freitagabends mit dem Zug und blieb bis montagmorgens. Erst als ich in England lebte, konnte Topsi nicht mehr auf mich warten. In dem Jahr hat meine Mutter sie zum Tierarzt gebracht und kastrieren lassen.

Mich im Beisein einer anderen Person an- und auszuziehen, zu waschen, mit jemandem im selben Raum zu schlafen (vielleicht spricht sie im Schlaf, macht komische Geräusche oder schnarcht? Oder, noch schlimmer, ich selbst spreche im Schlaf, mache komische Geräusche oder schnarche?), zu arbeiten, zu schreiben, zu lesen, Vokabeln zu lernen,  für Vorträge oder Klausuren zu üben, wie soll das gehen? Stört man sich da nicht dauernd gegenseitig? Todsicher kann ich mich nicht konzentrieren, wenn ich nicht allein bin, ich brauche dazu totale Ruhe. Vielleicht hört sie die ganze Zeit Radio? Vielleicht ist sie temperamentvoll und launig? Oder sie ist verschlossen und redet kaum. Dann gibt es diese bleierne Stille, die einen völlig fertig macht. Oder sie streitet gern und wir kriegen dauernd Krach? Ich hasse Streit. Ich kann mich nicht wehren, lieber leide ich stumm vor mich hin und fresse alles in mich hinein. Den Satz „Mit dir kann man sich überhaupt nicht streiten“ kenne ich nur allzu gut. Bisher war er immer Vorwurf und nie Lob. Kann es in einem Doppelzimmer auch nur den Anflug von Privatsphäre geben? Die Chancen stehen nicht gut. Manchmal macht mich mein Kopfkino mit all seinen detaillierten Katastrophenvisionen total verrückt. Wäre ich doch entspannter!

Ich hätte meinem Schicksal einfach vertrauen sollen. Immerhin hatten Michelle und ich bereits eine Gemeinsamkeit. Die Heimleiterin hatte sich im Vorfeld erkundigt, ob es mir etwas ausmachen würde, ein Zimmer mit der Nummer 13 zu beziehen. Andere Studentinnen hätten dies abgelehnt, was sie gut verstehen könne, immerhin sei es für die meisten eine Unglückszahl. Warum eigentlich? Die Französin habe mit der 13 kein Problem, sagte die Heimleiterin. Ich auch nicht. Ich lebe heute sogar in einem Haus mit der Nummer 1313.

Das Heim wirkt auf den ersten Blick fremd und einschüchternd, riecht aber an manchen Stellen vertraut nach Klosterschule und Internat. Auf den Fluren wuseln junge Mädchen herum. Im vierten Stock gibt es eine Kapelle mit Sakristei. Zimmer 13 befindet sich im ersten Stock, ganz nah an der Treppe und dem kleinen Aufzug. Es gibt in jeder Etage ein Gemeinschaftstelefon, das einfach an der Wand hängt, so dass intime Gespräche problematisch und störanfällig sind. Alle Etagen haben zudem eine Gemeinschaftsküche mit Herd und zwei Kühlschränken, in den Schränken hat jede ein eigenes Fach. Am anderen Ende des Flurs sind zwei enge Toilettenkabinen, nicht viel für so viele Personen. Die Heimleiterin schließt die dreizehnte Tür auf und übergibt mir die Schlüssel für Haus- und Zimmertür. Neben der 13 hängt ein Kasten mit vielen hölzernen Taubenfächern für die Hauspost. Briefe und Karten an mich werden im F-Fach sein. Meine Zimmergenossin komme nicht aus Paris, sagt die Heimleiterin, sondern aus der Bretagne. Ein sehr sympathisches Mädchen, heute besuche sie ihre deutsche Brieffreundin. Offenbar ist sie sehr selbstständig und kann nahezu perfekt Deutsch. Sagt jedenfalls die Heimleiterin. Ich schöpfe ein bisschen Hoffnung.

Es wundert mich, wie oft ich bis heute von diesem Heim träume, manchmal vermischt mit der Klosterschule, vor allem die Wand mit den Brieffächern kommt fast immer vor. Zweimal habe ich in diesem Heim gewohnt. Zuerst drei Jahre lang bis zum Umzug nach England, zwei Jahre davon in einem Einzelzimmer, nach der Rückkehr aus Gravesend erneut, jedoch nur für wenige Monate, um vor Ort auf Wohnungssuche gehen zu können. Wieder im Doppelzimmer, diesmal mit einem afghanischen Mädchen, aber wir sahen uns kaum, weil sie meistens mit ihren Verwandten zusammen war. Ihren Vornamen habe ich vergessen, ich glaube, er bedeutete Schmetterling. Sie hatte einen netten Bruder, der sehr gut kochen konnte. An die Gesichter der beiden erinnere ich mich gut. Merkwürdigerweise hatte die Schmetterlingsschwester eine Vorliebe für Paul Simons Song „Duncan“, sie wollte es immer unbedingt hören. Nur gut, dass sie den Text nicht verstand.

Zimmer 13 mit den großen Fenstern ist leer, als wir es betreten. Der Raum ist doppelt so groß wie mein Kinderzimmer, an der linken Wand stehen zwei Betten fest hintereinander, mit gegenüberliegenden Kopfenden. Dazu gehören zwei kleine Nachttische. Hinter dem zweiten Bett steht ein einfacher weißer Schreibtisch mit einem roten Stuhl, auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls. Den Großteil der rechten Wand nehmen zwei breite, deckenhohe braune Schränke ein, mit vielen Fächern und Schubladen. Wir legen die Koffer, die meine Eltern leer wieder mitnehmen werden, aufs Bett, und meine Mutter macht sich ans Ausräumen. Sie hat wie immer alles perfekt im Griff, agiert überaus praktisch, hat an alles gedacht, ich bin ihr unendlich dankbar und mir wird fast schlecht, wenn ich daran denke, dass sie bald fort sein wird. Geschirr, Wäsche, Bücher, Plätzchen und Schokolade wandern in den Schrank. Alle Fächer haben Schlüssel. „Hoffentlich kommt hier nichts weg“, sagt mein Vater. Die Heimleiterin hat einen Generalschlüssel, wie wir gesehen haben. Wer weiß, ob es noch mehr davon gibt. Mein Vater hat immer Angst, bestohlen zu werden. Ich schließe also vorsichtshalber erst mal alle Fächer ab und verstecke die Schlüssel im jeweils nächsten Fach, doch das ist ziemlich umständlich. Lange halte ich das bestimmt nicht durch. 

Rechts neben der Tür hängt ein Waschbecken, darüber eine Ablage, an den Seiten Handtuchhalter. Meine Zimmergenossin hat sich Bett (das hintere) Schreibtisch (den links) und Schrank (den ersten rechts) bereits ausgesucht und ihre Sachen dort hingestellt und hingelegt. An der Stelle, wo sich die Betten treffen, befindet sich ein kleiner Tisch, auf den wir meinen Radiorecorder stellen. Der französische Kassettenrecorder steht bereits dort.

Die hohen Fenster gehen hinaus auf Birken und den Hof mit dem Eingangsbereich. Wie ein gläserner Käfig ist er konstruiert, es gibt eine Art Falle zwischen zwei großen Türen, beide müssen aufgeschlossen oder per Pfortenknopf aufgedrückt werden, damit Gäste ins Haus gelangen können. Wenn man das Haus betritt und zwischen den Glastüren steht, ist rechts das Pfortenfenster, hinter dem bis auf nachts immer jemand sitzt und aufpasst. Dort muss sich jeder anmelden, der keinen Schlüssel hat. Auch das erinnert mich an die Klosterschule und den Cerberus. Wer das Pech hat, ein Mann zu sein, bleibt bis zu seiner Befreiung durch die Studentin, die er besuchen oder abholen möchte, in der Glasfalle stecken. Die Bewohnerinnen sind also sicher vor bösen Überraschungen. Meiner Mutter gefällt das. Mein Vater ist ungewöhnlich still, ich glaube, es geht ihm nicht gut. Unsere bevorstehende Trennung macht auch ihm zu schaffen.

Sofort ist mir aufgefallen, dass es in diesem Zimmer ganz wunderbar duftet. Keine Spur von Rauch oder Rotwein, nur zart und frisch nach Blumen, ein klein wenig nach Frühlingswald und Gewürzen. Offenbar stammt der Duft aus der großen blauweißen Flasche auf dem linken Schreibtisch, die gleich neben den Riesenplastikflaschen mit Evian steht. Meine Mutter findet den Geruch auch angenehm. „So frisch! Sollen wir mal an der Flasche riechen?“, schlägt sie vor und schreitet, forsch wie sie ist, sofort zur Tat, während ich nervös zur Tür schaue, falls die Französin plötzlich ins Zimmer kommen und uns beim Tischfriedensbruch überraschen sollte. Wir schnuppern und ich bin sofort hin und weg. Wer dieses Eau de Toilette benutzt, kann nur ein besonders netter Mensch sein. „Eau de Roche“ steht auf der Flasche. Wasser, das über Felsen fließt.

immer noch… (BFL)

Ein Klassiker, 1948 kreiert von Edmond Roudnitska, der auch das berühmte „Diorissimo“ entwickelte. 1970 wurde der zitrisch frische Duft leicht verändert, 1983 erneut, seitdem heißt er „Eau de Rochas“. Es gibt ihn zum Glück immer noch! Irgendetwas fehlt heute zwar, aber er duftet immer noch überaus angenehm, leicht herb und zitronig, würzig, blumig und passt zu jedem Alter. Ein Hauch Basilikum und Moos, ein wenig wie Gin Tonic mit Zitrone. Damals wusste ich noch nichts von meiner hochsensiblen Nase, merkte aber, dass der Duft mich beruhigte. Später hat Michelle auch andere sehr schöne Düfte ausprobiert, etwa „L’EauParkKenzo“ und „Verveine“, sie hat mir bei ihren Besuchen auch gleich ihren neuen Duft mitgebracht und ich habe ihn dann ebenfalls aufgetragen und dabei an sie gedacht, doch sie selbst und unser gemeinsames Jahr habe ich offenbar nachhaltig mit „Eau de Roche“ abgespeichert. Ich benutze es bis heute. Immer noch. Nicht jeden Tag, dem außerdem liebe ich ja auch „Eau Sauvage“, aber ziemlich oft. Der olfaktorische Trigger ist absolut zuverlässig. Den etwas anderen Duft des Duschgels und der Seife verknüpfe ich übrigens mit einem bemerkenswerten Urlaub an der Côte d’Azur und mit T. S. Eliot, doch das ist ein anderes Zimmer.

Direkt neben der Tür befindet sich eine Sprechanlage, ein flacher Kasten mit mehreren Knöpfen, die man drücken muss, um mit der Zentrale in Kontakt zu kommen.

Leider schrillte oft genug und vor allem spätabends der sogenannte Sammelruf, mit dem jedes Zimmer im Haus gleichzeitig erreicht wurde. Das kurze Knacksen und die laute Stimme kamen immer plötzlich und im falschen Moment, so dass man bis ins Mark erschrak. „Karin bitte in die Pforte, Kariiiiin! Besuch für dich!“ oder „Marianne, Telefon für dich! Es ist dringend!“ Jede von uns hatte mehrmals im Monat Pfortendienst, was ziemlich viel Stress bedeutete. Vor einem stand das große Board mit Namen und Knöpfen, schätzungsweise lebten damals um die 70 Studentinnen im Haus, es war ein internationales Studentinnenheim, und zu meiner Zeit gab es viele indonesische Namen. In meiner Erinnerung studierten alle indonesischen Mädchen Mineralogie. Wenn die ausländischen Studentinnen abends Anrufe von Verwandten oder Freunden von sehr weit weg erhielten, waren die Verbindungen meist schlecht und man konnte vor lauter Knacken die Namen oder die Sprache kaum verstehen. Vor Aufregung drückt man dann den falschen Knopf, rief das falsche Zimmer oder die falsche Person an oder legte den Anruf in die die falsche Etage. „Michiko, ein Anruf aus Japan für dich, deine Eltern, ich lege auf drei!“ Michiko wohnte aber auf zwei und kam kurz darauf völlig aufgelöst hereingestürzt, und ich war schuld an ihrer Aufregung. Die höfliche Michiko sagte nichts, blieb aber sicherheitshalber vor Ort, um den nächsten Versuch persönlich entgegenzunehmen, und ich fühlte mich wie eine Versagerin. Es riefen noch zig andere Leute an, bevor Michikos Eltern endlich wieder durchkamen.

Es gibt auch gute Erinnerungen an die Pfortenabende. Meistens nahm ich nämlich Block und Tuschsachen mit und zeichnete. Malen beruhigt. Merkwürdig verschlungene schwarzweiße Bilder entstanden in der Pforte. Das Schöne war, dass die anderen Studentinnen manchmal hereinkamen („Malst du wieder? Ach, wie toll!“) und mir über die Schulter schauten. Ein angenehmes Gefühl, wie im Zeichensaal in der Schule. Zeichnen kann ich immer, dabei brauche ich nicht zu denken, nur meinen Fingern zu folgen. Heute geht es mir beim Porzellanmalen noch genauso, sogar in Zeiten mit größtem Stress entstehen ganz von selbst spontane Wimmelbilder.

Als ich mich von meinen Eltern verabschiede, zittere ich innerlich. „Wir rufen dich sofort an, wenn wir zu Hause sind“, verspricht meine Mutter. Das wird sie bestimmt tun, sie hält immer, was sie verspricht. Doch meine Vorangst macht das nicht besser. Ich bringe meine Eltern zum Auto, sehe sie wegfahren, winken, schlucke tapfer an meinen Tränen, gehe schnell die Treppe hoch, ohne jemanden anzusehen, schließe die 13 auf, fühle mich einsam und verlassen, hänge das David Hamilton Poster, auf dem zwei Mädchen vor einer verwitterten Mauer stehen und weiße Tauben füttern, und das rothaarige Egon Schiele-Mädchen mit den großen Augen („Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie“) übers Bett, versuche zu lesen und warte auf meine unbekannte Mitbewohnerin. Auf dem Bett liegt die rote Decke, die meine Mutter mir extra für das neue Zimmer geschenkt hat. 

Draußen ist es dunkel geworden. Meine erste Nacht in Köln. 

Köln (Tobias Rademacher/unsplash)

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Pictures and Stories – Der Schiffsarzt

sea dream (Johannes Plenio/unsplash)

Als ich heute Morgen etwas verwirrt von der nächtlichen Zeitverschiebung aufwachte, brachte mich mein Schwiegervater Jachym, der mich immer wieder auf ziemlich merkwürdige Weise erreicht, noch im Halbschlaf auf die Idee, seinem Vater nachzuspüren. Die Zeichen, die er mir gab, waren unübersehbar. Gestern hatte ich in meinem Arbeitszimmer nach einem Buch von Trakl gesucht und es mit ins Schlafzimmer genommen, um die Widmung zu fotografieren, die ein guter Freund vor vielen Jahren hineingeschrieben hat. Das Buch lag noch auf meinem Nachttisch.

Als ich meinen verwunderten Mann fragte, was er denn so über seinen Großvater väterlicherseits wisse, gab er mir spontan Jachyms Notizheft, das er in seiner Nachttischschublade aufbewahrt. Darin liegen sehr viele lose Blätter. Eins fiel heraus. Als ich sah, was darauf stand, war ich doch einigermaßen verblüfft: Georg Trakl! Jachyms Vater hieß zufällig auch Georg. Ich kann das Blatt datieren, es stammt von 1960, also zwei Jahre vor Jachyms Tod. Auf der Rückseite gibt es eine Liste mit den Titeln von acht Gedichten. Das erste ist „Hälfte des Lebens“ von Hölderlin. Das Gedicht kann ich auswendig. Ich liebe die letzten Zeilen: „Die Mauern stehn sprachlos und kalt, im Winde klirren die Fahnen“. Jachym hat dazu geschrieben: „Mir kommt Trakl immer wieder vor wie der Bruder von Hölderlin kurz vor dessen Umnachtung.“ Es folgen „Im Frühling“, „Landschaft“, „Verfall“ und „Im Herbst“ von Trakl, ich hatte sie alle erst gestern gelesen. An sechster Stelle steht „vergl. Rilkes Herbsttag. Herr es ist Zeit“. Gemeint ist natürlich „Herbstgedicht“, auch das kann ich auswendig. „Ruh und Schweigen“ sowie „Grodek“ sind dann wieder Titel von Trakl-Gedichten.

Nur „Grodek“ (Jachym schreibt es Groddek) kannte ich nicht und schlug es nach. Es erinnert an die Schlacht von Grodek in der jetzigen Ukraine, was mich richtig erschreckte. Jachym hat den Krieg gehaßt. Weiß er drüben in der Anderswelt, dass in der Ukraine heute wieder ein Krieg tobt? Trakl hatte die Schlacht dort im September 1914 als Apotheker in einem Feldlazarett erlebt, wo er sich durch fehlende Medikamente nicht in der Lage sah, das schreckliche Leid der Schwerverletzten zu lindern. Die Erfahrung hat ihn sicher traumatisiert. Jachym notiert dazu, dass es 90 Schwerverletzte gewesen seien und Trakl danach einen Selbstmordversuch unternommen habe. Es war Trakls letztes Gedicht. Er starb im November desselben Jahres an einer Herzlähmung in Kombination mit einer Überdosis Kokain, ob Versehen oder Absicht, ist ungeklärt. „Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.“ Jachym hat dieses Gedicht genau verstanden, denn er war ja selbst Lazarettarzt im zweiten Weltkrieg. Ich verstehe, warum es für ihn so wichtig war. Wir führen eine Art Zwiegespräch jenseits der Zeit. Er zeigt mir seine Gedanken, ich lese sie und schreibe darüber.

Georg Leidel (privat)

In einem der alten Speicherkartons fand ich vor kurzem in einem vergilbten Umschlag zwei Portraits eines Mannes, der mir sehr bekannt vorkam. Ich wurde richtig aufgeregt, denn ich wusste gleich, dass es nur Jachyms Vater sein konnte. Mein Mann hatte die Bilder noch nie gesehen. Gustav Leidel sieht Jachym wirklich sehr ähnlich, hat den gleichen ironischen Blick, sein Gesichtsausdruck wirkt etwas spöttisch, vielleicht auch ein klein wenig selbstgerecht. Wer war dieser Mann, der so jung verstarb – genau wie sein Vater Karl (mit vierzig) und später sein Sohn (mit siebenundvierzig)? Die Informationen sind spärlich, auch nachdem ich mir den Familienstammbaum genau angesehen habe.

Georg Gustav August Leidel wurde am 12.10.1876 in Berlin als Sohn des Vergolders Karl Gustav Vincent Leidel geboren und starb am 9.1.1917. Jachym war erst zwei Jahre alt, als er seinen Vater verlor, und hatte sicher kaum Erinnerungen an ihn. Georg Leidel war ebenfalls Arzt, zunächst praktischer Arzt, wahrscheinlich praktizierte er in Berlin, wo er auch geheiratet hat, und arbeitete später als Schiffsarzt. Aber er starb nicht auf hoher See, sondern zu Hause in Angermünde, wie ich dem „Familienbuch“ entnehme.

Ich habe eine praktische Handy-App namens Photomyne, mit der man alte Fotos scannen kann, sie werden dabei automatisch verbessert und zugeschnitten. Mit einem Klick lassen sie sich sogar einfärben, was bei Georg Leidel zu einem eindrucksvollen Ergebnis führte. Sekundenschnell wurde seine Uniform blau. Wenn man das Bild am Computer sehr stark vergrößert, erkennt man den Äskulapstab am Revers und das Schiff an der Mütze. Falls ich noch Zweifel an seiner Identität gehabt hätte, wären sie spätestens in diesem Moment verschwunden. Der Schiffsarzt! Endlich hatte ich ihn gefunden!

Georg Leidel (privat)

Aus den Erzählungen meines Mannes weiß ich, dass Georg Leidel (genau wie später sein Sohn) seine Anstellung als Arzt durch einen dramatischen „Eklat“ verlor. Bei einem Ärztetreffen weigerte sich Gustav, einen Toast auf den damaligen Kaiser Wilhelm II. auszubringen, mehr noch, er hielt es nicht mal für nötig, sich zu Ehren des Herrschers zu erheben und äußerte sich dabei auch noch despektierlich zu dessen Person. Falls er die geballte Wortgewalt seines Sohns und Enkels besessen hat, dann muss der Satz mitten ins Schwarze getroffen haben. Man war empört. Der Skandal war perfekt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sein Verhalten bewundern soll oder nicht. Wie Jachym hatte er offenbar keine Lust, seine Überzeugungen zu verraten und mit dem Strom zu schwimmen oder sich aus welchen Gründen auch immer zu verbiegen oder zu verstellen. Er tat in einem entscheidenden Moment seines Lebens genau das, was er für richtig hielt, möglicherweise ohne zu überlegen, und setzte alles damit aufs Spiel. Seine Karriere, seine Zukunft, das Schicksal seiner Familie, seinen Ruf. War das mutig? Wagemutig? Unvernünftig? Tollkühn? Unverschämt? Dumm? Überheblich?

Die Strafe nach einer derartigen Respektlosigkeit gegenüber der höchsten Obrigkeit folgte auf dem Fuße. Der praktische Arzt Gustav Leidel wurde fortan geächtet, musste seine Praxis schließen, musste weg aus der Stadt. Wahrscheinlich zog er kurz darauf nach Angermünde, doch das ist nur eine Vermutung. Er nahm sich jedenfalls komplett aus der Schusslinie. Er verschwand von der Bildfläche und wurde Schiffsarzt – möglicherweise auf einem Frachtschiff – und bereiste in dieser Funktion das „Chinesische Meer“, wie die Region damals in Wilhelminischen Zeiten genannt wurde. Mehr ist mir über seine berufliche Laufbahn nicht bekannt.

Der reitende Affe (BFL)

Es gibt eine kleine Specksteinfigur, die er von seinen Reisen mitgebracht hat und die sich noch in unserem Besitz befindet. Wir nennen sie „den reitenden Affen“.

Wilhelm II. von Preußen war von 1888 bis 1918 deutscher Kaiser, Jachym wurde 1915 in Angermünde geboren, der kaiserfeindliche Zwischenfall muss also vor dieser Zeit stattgefunden haben. Mehr habe ich bisher nicht klären können, doch sicher ruhen hier im Haus noch weitere Hinweise in den Tiefen unserer übervollen Schubladen.

In einem zweiten Umschlag waren Kinderfotos, und zu meiner großen Freude erkannte ich auf einem Jachym. Es gibt so gut wie keine Bilder aus seiner Kindheit. Er hatte aus der ersten Ehe seiner Mutter vier ältere Geschwister, die älteste Schwester, von der ich einige äußerst unangenehme Briefe gefunden habe, war überaus moralisch und dominant. Ich fand auch ein Bild seiner Mutter, und sie ist mir auf den ersten Blick unsympatisch. Jachym hatte später keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, und die wenigen Treffen mit der Oma, an die sich mein Mann erinnern kann, verliefen unharmonisch. Jachym war beim letzten Treffen so verärgert, dass er einen Stapel Geschirr auf dem Boden zerschmetterte und aufgebracht das Haus verließ. Wie genau seine Mutter ihn so gereizt hat, habe ich noch nicht herausgefunden, aber ich bin ja noch nicht fertig mit meinen Recherchen. 

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Rooms and Stories – „Englischer November“

Themse bei Ebbe, Gravesend  (BFL)

Englischer November

Es war der kälteste Winter seit vielen Jahren, und das kleine Haus, das Marilyn und ich für etwas mehr als 100 Pfund im Monat gemietet hatten, besaß nur eine lächerlich schwache Heizanlage, die durch ein verstaubtes Gitter im Kamin warme Trockenluft in die Zimmer blies. Uns war ständig kalt, wir tranken mindestens zwanzig Tassen Tee am Tag und waren bestens mit Wärmflaschen, Wollhosen und Nachtjacken ausgestattet. Selbst im Haus trugen wir dicke Strickpullover und hatten wegen des Dauerschnupfens stets eine Notration Otriven und Disprin griffbereit. Fast jede Woche gab es Streiks, doch man gewöhnte sich schnell daran, weil keiner sich beschwerte, und es im Grunde ganz unterhaltsam war, denn man wusste nie, wer als nächstes streiken würde. Die Krankenhäuser, die Ärzte, die Elektrizitätswerke, die Polizei? Die Müllabfuhr, die Lastwagenfahrer, die Minenarbeiter, die Krankenschwestern, die Busfahrer, British Rail? Schlimm wurde es nur, wenn man abends auf einem leeren Londoner Bahnhof stand und nicht nach Hause kam, weil kein einziger Zug mehr fuhr. Auch die Gebirge aus schwarzen Müllsäcken, in denen sich sogar tagsüber die Ratten vergnügten, waren kein schöner Anblick.

            Eines Morgens, es war Anfang November, standen die Menschen vor den Bäckereien Schlange, redeten sich warm und stampften mit den Füßen die Kälte nieder. Es sah aus wie auf den Nachkriegsfotos meiner Eltern. Ab morgen würden die Bäcker streiken, informierte mich der Fahrer, als ich mit fragendem Blick in den Schulbus stieg. Marilyn hatte verschlafen. Sie stand immer zu spät auf, weil sie erst um fünf ins Bett ging und am besten einschlief, wenn es anfing, hell zu werden. Ich hatte längst aufgegeben, sie pünktlich zu wecken, weil es ohnehin nichts half und sie davon nur schlechte Laune bekam. Trotzdem schaute ich immer kurz in ihr Zimmer, bevor ich mich auf den Weg machte. Meist lag sie auf der Seite und war unter Deckenschichten und Kissenbergen verborgen. Nur ihr dunkles Haar, das sie nachts zusammenband, war zu sehen.

            Später stand ich im warmen Lehrerzimmer am Fenster und sah sie mit wehendem Schal aus dem Bus springen und zum Schulgebäude hasten. Kurz darauf stürmte sie herein, ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und hatte gerade noch Zeit, einen eiligen Schluck Tee zu trinken. Mit viel Milch, weil er sonst zu heiß war. Ich hängte ihren Mantel an den Haken, während sie ihr Unterrichtsmaterial zusammenklaubte und hinaus auf den Flur lief. Sie fing zum Glück später an als ich, aber sie war trotzdem kein einziges Mal pünktlich. Und sie schaffte es jeden Tag, den Toast anbrennen zu lassen. Wir hatten keinen Toaster und legten die Brotscheiben auf ein Gittergestell über den Gasflammen, und bis heute muss ich an Marilyn denken, wenn ich verbrannten Toast rieche.

            Sie trug ihr Haar lang damals, dickes gewelltes Haar über einem birkenschlanken Hals. Haar, das viel zu üppig war für die kleine zierliche Person. Haar, das man sich um die Hand schlingen konnte, das Stunden zum Trocknen brauchte und auf dicke Wickler gedreht werden musste, damit man es überhaupt bändigen konnte. Föhnen konnte man es nicht, weil es dann wie eine dunkelbraune Löwenmähne abstand, also wurden zwei Abende in der Woche zum Lufttrocknen geopfert. Wir saßen auf dem Sofa im Wohnzimmer mit der Sonnenblumentapete und lasen uns irische Kurzgeschichten vor oder sahen fern. Manchmal bis zwei Uhr morgens. Samstags gab es die berühmten „Midnight Movies“, Gruselfilme, die Marilyn sich allein anschauen konnte, ohne vor Angst umzukommen. Um sie zu ärgern, stahl ich mich vor drohenden Mordszenen oder Vampirauftritten gelegentlich schnell aus dem Zimmer und wartete im Flur, bis sie entsetzt nach mir schrie, weil Christopher Lee gerade zugebissen hatte, Nosferatu lange Schatten warf oder John Christie die Würgeschlinge zückte. Mit der Zeit wusste ich genau, wann ich hinausgehen musste.

            Wir hatten die Warnung des Busfahrers nicht ernst genommen. Schon am nächsten Tag war tatsächlich im ganzen Ort kein Brot mehr zu bekommen. Auch kein Mehl, denn die vorsorglichen Hausfrauen hatten sich rechtzeitig eingedeckt und sämtliche Regale leer gekauft. Aber wir hätten ohnehin nicht selbst Brot backen können. Auch Knäckebrot und Zwieback waren ausverkauft. Am Ende gingen wir in das elegante „Delikatessen“ am Echo Square, das wir normalerweise nie betraten, und kauften teuren, luftdicht verpackten Pumpernickel, der schon ewig im Regal gelegen hatte und aus Deutschland importiert war. Ein hungriger Engländer hätte das rabenschwarze Zeug wahrscheinlich auch in höchster Not nicht angerührt. Die Dame hinter der Theke war offenbar froh, den Ladenhüter endlich loszuwerden, und strich immer wieder über die Verpackung. „Really good stuff!“ Danach ernährten wir uns von steinharten Ingwerplätzchen, die man stundenlang in Tee tunken musste, um seine Zähne nicht zu gefährden.

            Fast jeden Abend ertrugen wir die lästigen Kontrollanrufe von Marilyns Verlobtem, der zu Recht fürchtete, dass sie ihn nicht sonderlich vermisste, und sie mit Vorwürfen und Liebesschwüren überschüttete. Ich saß im Wohnzimmer und konnte mich nicht konzentrieren, während Marilyn verzweifelt den Hörer ans Ohr presste und „oui“, „non“ und  „mais pas du tout“ sagte. Danach war sie oft in Tränen aufgelöst, weil sie seine Eifersucht nicht ertrug, mochte jedoch nicht darüber reden. Es war eine komplizierte Beziehung, wie fast alle ihre Beziehungen. Zum Ausgleich liefen wir anschließend eingemummt wie Eskimos hinaus in die Nacht, warfen unsere Strickmützen in die Luft und sangen die „Marseillaise“ und „Auld Lang Syne“, rannten und hüpften hinunter zum Hafen, um die Möwen zu stören und den Lotsen auf ihrer Fahrt zu den großen Schiffen zuzusehen, die weiter nach London wollten und bei uns kontrolliert wurden. Ihre gelben und roten Lichter spiegelten sich in der Themse, und wir hielten uns lachend umschlungen, während unsere dicken weißen Atemwolken sich vermischten. Einen der Lotsen kannten wir näher. Er wohnte auch in der Kitchener Avenue, nannte uns „the two strange ladies“ und lud uns gelegentlich ins nächtliche Lotsenhaus ein. Wir bekamen Tee in großen hellblauen Tassen, die so schwer waren, dass man sie mit beiden Händen halten musste. Die Lotsen rauchten und erzählten von merkwürdigen Funden auf den ausländischen Schiffen, die anschließend versiegelt werden mussten und gar nicht erst nach London weiterfahren durften. Unser Lotsenfreund hatte seinen eigenen Teebecher, kein anderer durfte ihn anrühren, darauf legte er Wert. Es war der Kopf von Prinz Charles, und die Ohren waren die Henkel. Danach rannten wir die Royal Pier Road hinauf, wo im Sommer die Seeleute ihre Tätowierungen zur Schau stellten und den englischen Mädchen nachpfiffen, bis zur Anlegestelle der Tilbury Fähre, die im Winter bei Regen, Nebel und Schnee nicht verkehrte, was damals bedeutete, dass sie ziemlich selten fuhr.

            Am schlimmsten waren in diesem Winter die vielen Power Cuts, die als Druckmittel für höhere Löhne eingesetzt wurden und schlagartig die Stadt in Finsternis tauchten. Wie im Theater, wenn plötzlich das Licht ausgeht, und das Publikum erschrocken den Atem anhält. Angeblich wurden die Unterbrechungen im Radio angekündigt, doch wir hatten kein Radio. Bei meinem ersten Power Cut wohnte ich noch allein in unserem Haus. Ich nahm an, die Hauptsicherung wäre herausgesprungen, weil ich überall im Erdgeschoss das Licht hatte brennen lassen und gleichzeitig gebügelt und Radio gehört hatte. Vielleicht war das zu viel für den Stromkasten, wo immer er auch sein mochte? Ich fand mich in dem fremden Haus noch nicht zurecht und beschloss, mir nebenan Unterstützung zu holen. Doch draußen sah ich zu meinem Schrecken, dass nicht nur unser Haus dunkel war, sondern die ganze Straße. Und nicht nur unsere Straße, sondern die ganze Stadt! Hatte ich etwa einen kompletten Blackout verursacht? Mr. Bambridge von nebenan lachte dröhnend und klärte mich auf, äußerst umständlich und mit ehrlichem Mitgefühl für die Streikenden, denn sein Sohn arbeitete auch im Elektrizitätswerk. Beim nächsten Power Cut war ich schon besser vorbereitet, beim zehnten hatten wir uns daran gewöhnt. Mit der Dunkelheit kamen die vertrauten Abschiedsgeräusche. Das Radio verschluckte sich, der Wasserkessel verstummte, der Plattenspieler zog die Töne lang. Es folgten Stille und Kälte, denn auch die Heizung funktionierte mit Strom. Die Taschenlampe lag irgendwo in der Küche, und auf der Ablage neben der Tür befand sich ein Depot aus Kerzen und Streichhölzern, das ständig aufgefrischt werden musste. Doch leider waren die Kerzen wegen der regen Nachfrage oft tagelang ausverkauft. Mit etwas Übung konnte man sie sogar im Finstern finden und anzünden, ohne sich die Finger zu verbrennen. Nachdem Marilyn eingezogen war, fand ich die Power Cuts nicht mehr ganz so schlimm. Mitunter machte es sogar Spaß, wie Kinder unter die Wolldecken zu kriechen, einander zu wärmen und Gespenstergeschichten zu erfinden, während man auf das nervöse gelbe Aufflackern der Laterne vor dem Haus wartete. Wenn es geschneit hatte, war es sogar hell genug, um Marilyns grüngraue Augen und die steilen Falten zwischen ihren Brauen zu erkennen. Wenn wir doch nur immer zusammen sein könnten, dachten wir.

            So lange die Läden geöffnet waren, konnte man auch bei Stromausfall einkaufen, denn in den Geschäften in der Kitchener Avenue gab es genug Kerzen und Paraffinlampen, auf kleinen Gaskochern wurde frisches Teewasser für die durchgefrorenen Kunden gekocht, und von allen Seiten erhielt man Mitgefühl und aufmunternde Ratschläge. „Could be worse!“, meinte Mrs. Brisbane, die einen gemütlichen Souvenirladen an der Old Road East besaß, der bei Stromausfall der beliebteste Treffpunkt der Gegend war. Manchmal zündete sie Räucherstäbchen an, die wie Glühwürmchen im Dunklen leuchteten, und stellte Laternen mit Stumpenkerzen ins Schaufenster, in deren Schein die indonesischen Stabpuppen zittrige Monsterschatten warfen. Nur beim Greengrocer war es schwierig. Im Dämmer konnte man weder den Einkaufszettel noch die Waren richtig sehen, die Kasse funktionierte nicht ohne Strom, und für die alte Waage war es auch zu dunkel. Mr. Mitchel, ein untersetzter kleiner Mann mit einem silbernen Haarkranz, musste mühsam auf kleinen Zetteln ausrechnen, wie viel man ihm schuldete. Meistens verrechnete er sich dabei und zerriss das Papier gleich wieder, doch seine gute Laune konnte das nicht trüben.

            Nur den Supermarkt besuchten wir ausschließlich tagsüber, denn er war weit weg, und wir hatten jedes Mal schwer zu schleppen. Marilyn kochte genau so ungern wie sie aß, und ich hatte keinen rechten Appetit, wenn ich allein essen musste. Daher war unser Speiseplan ziemlich eingeschränkt. Wir kauften vor allem Toast, Butter und Mais, aber nur die mit dem lachenden grünen Riesen, Orange Marmalade, aber nur Thick Cut, English Breakfast Tea von Twinings, Crumpets, Kartoffelchips und alle Arten von Plätzchen. Manchmal auch Heinz Ketchup und Sandwich Spread. Und Erbsen, Marilyns Lieblingsgemüse, aber nur tiefgefrorene, denn die englischen Dosenerbsen waren damals schon wegen der giftgrünen Farbe ziemlich ungenießbar. Fleisch kauften wir nie, denn Marilyn war Vegetarierin. Und Käse konnte sie nicht ausstehen. Der größte Teil unseres gemeinsamen Haushaltsgelds wurde leider nicht für Lebensmittel ausgegeben, denn Marilyn bestand darauf, jede Woche mehrere Riesenflaschen mit Putz- und Desinfektionsmitteln zu kaufen. Sie stammte aus Südfrankreich und wurde die Angst nicht los, dass sofort Heerscharen von Küchenschaben über uns herfallen würden, wenn sie auch nur ein einziges Mal vergessen sollte, Desinfektionsmittel auf jedes erreichbare Fleckchen zu schütten. Unser Haus war höchstwahrscheinlich das sauberste im ganzen Ort. Schon an der Eingangstür roch es eindringlich und scharf nach Chlor. Schaben bekamen wir nie zu Gesicht, was Marilyn einzig und allein ihrer Reinlichkeit zuschrieb.

            Ohne Power Cuts saßen wir abends mit untergeschlagenen Beinen im Esszimmer, hörten die Eagles und Simon and Garfunkel, tunkten Kekse in Tee und schrieben Tagebuch oder Briefe nach Hause. Wir bereiteten unsere Unterrichtsstunden vor oder übersetzten gemeinsam Gedichte von Jacques Brel, Verlaine und Baudelaire. Trotzdem herrschte eine melancholische Stimmung, denn unsere erste Trennung näherte sich unaufhaltsam. Marilyn flog bereits Ende November nach Frankreich und würde bis nach Weihnachten fort bleiben.

            Die Nacht vor ihrer Abreise war zu kostbar zum Schlafen, daher hielten wir uns mit Schokolade und Tee wach. Der Morgen kam trotzdem, und wir fuhren mit den schweren Koffern zum Londoner Flughafen. British Rail streikte ausgerechnet an diesem Tag nicht. Auch das Flughafenpersonal streikte nicht. Marilyn sagte leise „See you after Christmas“, und ihr ernstes kleines Gesicht wurde verschluckt von fremden Mänteln und Körpern. Ich fuhr hoch aufs Flughafendach und bezahlte 10 Pence, um ihren Air France Vogel schwerfällig abheben und in den Wolken verschwinden zu sehen. Es war kalt und unwirtlich, doch ich blieb trotzdem draußen, weil Frieren immer noch besser war als Tränen. Nicht abstürzen, Marilyn, nur nicht abstürzen. Danach fuhr ich zurück in die Stadt, ging in meine Lieblingsbuchläden in der Charing Cross Road und kaufte immer mehr Bücher, um Marilyns Gesicht zu vergessen. Im überheizten Zug las ich kanadische Wintergedichte und ließ mich vom Waggon durchrütteln. Am heimatlichen Bahnhof erwartete mich wie immer Königin Victoria auf ihrer Säule, und ich beschloss, trotz der schweren Bücher zu Fuß nach Hause zu gehen. Marilyn rief noch am Abend an, doch wir waren zu bewegt, um ohne lange Pausen sprechen zu können. Ich nahm mir fest vor, das Haus erst wieder zu verlassen, wenn sie zurück war. Doch schon nach wenigen Tagen besiegte mich die Einsamkeit. Außerdem musste ich unbedingt meine Briefe an Marilyn zur Post bringen.

Die ursprüngliche Fassung dieser Erzählung erschien 1989 in der Anthologie „Frauen schreiben Geschichte(n)“ im Marabuch Verlag, Köln, copyright BFL

Two Ladies (BFL)

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